Montag, 26. Januar 2015

"Wut-Wahl" und andere Schmähungen


In Griechenland waren die Wahlergebnisse noch nicht ausgezählt, da stand das Urteil der Medienmafia bei uns schon fest. "Wut-Wahl" ätzte das großbürgerliche Handelsblatt schon vor Mitternacht. Die Süddeutsche Zeitung sieht in Alexis Tsipras einen "Linksradikalen" und "Revoluzzer". BILD klebte der Partei Unabhängige Griechen um sieben Uhr früh das Etikett "rechtspopulistisch" an. Und so rauschte das den ganzen Tag durch den deutschen Blätterwald.
Dass Arbeiter, Kleinbauern, Gewerbetreibende in anderen Ländern vielleicht schon etwas selbständiger und weiter denken als der deutsche Zeitungsleser, dass sie in wohlverstandenem Eigen-Sinn vernünftiger fürs Allgemeinwohl entscheiden als Kapitalisten, diese Einsicht wäre für so manchen journalistischen Hofnarren unserer Oligarchenklasse existenzgefährdend und darf ihm auf keinen Fall in die Tastatur - ja nicht mal ins Hirn kommen.

Samstag, 24. Januar 2015

Oxfam: Globale Ungleichheit untergräbt Demokratie




Der Reichtum der Welt konzentriert sich immer mehr in den Händen einer kleinen Elite von unersättlichen Superreichen. Heute besitzt ein Prozent der Weltbevölkerung fast die Hälfte des Weltvermögens. Die 85 reichsten Menschen besitzen ebenso viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen.
Soziale, finanzielle und wirtschaftliche Ungleichheiten werden immer krasser, die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. Das ist das Ergebnis eines Berichts von Oxfam, der am Vorabend des Weltwirtschaftsforums in Davos präsentiert wurde.
Winnie Byanyima, Geschäftsführerin von Oxfam International: "Wir können nicht davon ausgehen, den Kampf gegen die Armut ohne den Kampf gegen die Ungleichheit zu gewinnen. Durch die Ausweitung der Ungleichheit entsteht ein Teufelskreis, wodurch sich Reichtum und Macht immer mehr in den Händen einiger weniger konzentrieren. Wir leben – in Industrie- und Entwicklungsländern gleichermaßen – zunehmend in Gesellschaften, in denen die niedrigsten Steuersätze, die beste Gesundheitsfürsorge, die beste Bildung und die größten Einflussmöglichkeiten den Reichen und ihren Kindern vorbehalten sind.“
Zu den Ergebnissen des Berichts:
·         Schätzungen gehen davon aus, dass die reichsten Personen und Unternehmen weltweit 21 Billionen US-Dollar in einem globalen Netz aus Steueroasen vor den Steuerbehörden verstecken.
·         In den USA korrelieren Jahre der finanziellen Deregulierung direkt mit einem Einkommenswachstum des obersten einen Prozents der Bevölkerung – sein Anteil am Gesamteinkommen ist so groß wie seit dem Vorabend der Großen Depression (1929/30) nicht mehr.
·         In Indien hat sich die Zahl der Milliardäre in den letzten zehn Jahren verzehnfacht, begünstigt durch das Steuersystem und die Tatsache, dass die Reichen ihre Verbindungen zur Regierung ausnutzten, während die Ausgaben zur Armutsbekämpfung auf niedrigem Niveau stagnieren.
·         In Europa werden unter großem Druck der Finanzmärkte, deren reiche Investoren von staatlichen Rettungsmaßnahmen für die Banken profitierten, Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Einkommensschwachen und des Mittelstandes durchgesetzt.
·         In Afrika missbrauchen internationale Unternehmen – besonders aus dem Rohstoffsektor – ihren Einfluss, um Steuern und Abgaben zu vermeiden und beschneiden dadurch die Ressourcen zur Armutsbekämpfung.
Die wachsende soziale Ungleichheit untergräbt demokratische Prozesse
sowohl in Industrie- als auch in  Schwellen- und Entwicklungsländern. Im Bericht „Working for the Few“ warnt Oxfam davor, dass wohlhabende Eliten weltweit die Politik zu ihren Gunsten beeinflussen und wirtschaftliche Spielregeln in ihrem Sinn manipulieren. Der Bericht zeigt, wie multinationale Konzerne Milliarden von Dollar für Lobby-Aktivitäten ausgeben.
So haben in 2013 Unternehmen des Finanzsektors 550 Millionen Dollar ausgegeben, um Druck auf politische Entscheidungsträger in Washington und Brüssel auszuüben. In den USA hat der Finanzsektor in 2013 über 400 Millionen Dollar für Lobby-Aktivitäten ausgegeben, in Europa flossen 2013 circa 150 Millionen Dollar in Institutionen der EU.
Laut Oxfam-Bericht wächst weltweit das Bewusstsein über dieses Einkommens- und Machtgefälle. Meinungsumfragen in Brasilien, Indien, Südafrika, Großbritannien, Spanien und den USA zeigen, dass die Mehrheit der Befragten glaubt, die Gesetze seien zugunsten der Reichen gemacht. Wir erleben hitzigen Streit über heilige Kriege zwischen den „Kulturen“, Völkerhass, Fanatismus und Terrorismus, aber die stärkste Wurzel der Gewalt, wirtschaftliche Ungleichheit und darin begründete soziale Diskriminierung verschweigen die dafür Verantwortlichen.

Donnerstag, 22. Januar 2015

Merkels Schlachtplan: "Wettbewerbsfähigkeit" als Waffe

Zur Jahreseröffnung der Deutschen Börse am 19. Januar 2015 verkündete die Kanzlerin ihr wirtschaftspolitisches Glaubensbekenntnis: „Wachstum entsteht nur durch Wettbewerbsfähigkeit."
Ökonomisch ist das hanebüchener Unsinn. Kommentar dazu von Heiner Flassbeck, bis 1999 Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, 2003 bis Ende 2012 Chef-Volkswirt bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung UNCTAD: "Wie entsteht wohl das Wachstum in der Welt als Ganzes? Durch die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit? Gegenüber wem? Gegenüber dem Mars?"
Wohl kaum, und auf Erden gilt: In jedem Wettbewerb gibt es immer Erste und Letzte, wo es Gewinner gibt, muss es zwangsläufig auch Verlierer geben. Politisch ist das Merkels Kampfansage an den Rest Europas: Wachsen oder weichen - wir konkurrieren euch in Grund und Boden.
Flassbeck weiter: "Toll ist, dass das alles geschehen kann und in den Zeitungen breit zitiert wird, ohne dass die deutschen Ökonomen in Massen auf die Barrikaden gehen und ihrer Regierungschefin sagen, sie solle sofort alle ihre Berater in die Wüste schicken und das kleine Einmaleins wichtiger ökonomischer Zusammenhänge lernen."
Das muss sie nicht. Im Jargon der deutschen Eliten steht "Wettbewerbsfähigkeit" als Kürzel für "Deutschland Deutschland über alles".

Montag, 12. Januar 2015

Aktion vor der Wahl in Griechenland: Zeitungsanzeige für einen Politikwechsel


In Griechenland wird am 25. Januar gewählt, und erstmals hat die linke Syriza eine echte Chance, stärkste Partei zu werden. Damit kommt eine politische Alternative zur verheerenden Austeritäts- und Kürzungspolitik in Sicht. Besonders die deutsche Bundesregierung versuchte in den letzten Wochen, Syriza zu diffamieren und Druck auf die griechischen Wählerinnen und Wähler auszuüben. Eine Initiative aus dem Verein Demokratischer Ärzte und Ärztinnen beabsichtigt, am Tag vor der Wahl in einer Zeitungsanzeige dieses Verhalten der Bundesregierung zu kritisieren und einen Politikwechsel in Griechenland zu unterstützen. Die Anzeige soll in der griechischen – im Zusammenhang der Krise entstandenen – “Zeitung der Redakteure” (http://www.efsyn.gr/) erscheinen.

Wer das Anliegen teilt, schreibe bitte ein Email an nadja.rakowitz@online.de mit dem Namen und – nach Wunsch – einem Stichwort, das neben dem Namen unter der Anzeige stehen soll (dieses Stichwort wird nicht übersetzt!) und überweist bitte 20 Euro auf dieses Konto:

Bernhard Winter
apoBank Frankfurt
BLZ 300 606 01
Kontonummer 0003950212
BIC DAAEDEDDXXX
IBAN DE42 3006 0601 0003 9502 12

Text der Anzeige und weitere Informationen: http://www.annotazioni.de/post/1467

Freitag, 9. Januar 2015

Jazenjuk in Berlin


Der Kiewer Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk verhandelte gestern in Berlin mit Bundeskanzlerin Merkel über die Ausweitung der deutschen Unterstützung für die Ukraine um weitere 1,8 Milliarden Euro. Das Kiewer Regime treibt die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit aller Macht voran; Beobachter vermuten, Kiew bereite eine erneute Offensive in der Ost-Ukraine vor.
Jazenjuk, der im Februar 2014 mit massiver deutscher Förderung an die Macht gekommen war, hat nun neue Hilfen in Berlin erhalten: Das Wirtschaftsministerium (Siegmar Gabriel, SPD) hat gestern Kreditgarantien von einer halben Milliarde Euro unterzeichnet.
Sogar Unterstützer des Kiewer Umsturzes vom Februar 2014 in der NATO warnen inzwischen, der Einfluss faschistischer Milizen und korrupter Oligarchen drohe ein Warlord-System zu schaffen, das sich jeglicher Kontrolle entziehe. Mit der Unterstützung extrem rechter Bataillone hat sich vor allem die Partei von Ministerpräsident Jazenjuk hervorgetan, der bereits am Mittwoch von Bundespräsident Joachim Gauck feierlich empfangen wurde.