Dortmunds Wirtschaftsförderer klopfen sich gegenseitig auf
die Schulter, weil der von ihnen geförderte „Strukturwandel“ von
Kohle-Stahl-Bier zum regionalen Dienstleistungszentrum den Verlust industrieller Arbeitsplätze schon
fast ausgeglichen habe. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag
Ende 2013 zwar noch um ca. 20.000 hinter dem Niveau von 1980 zurück – und die
Arbeitslosenzahl um 24.000 höher – aber
schon um ein Prozentchen höher als 1987.
Wenn man den Zuwachs an Beschäftigung nach Ausbildungsabschlüssen aufschlüsselt, stellt sich jedoch heraus: Die Zahl der sozialversichert Beschäftigten wächst ausschließlich im Segment der Hoch- und Höchstqualifizierten, der Akademiker – neudeutsch: „High Potentials“ (+131 % gegenüber 1987). Hingegen ging die Zahl der Beschäftigten mit abgeschlossener Lehre oder Fachschule zurück (-12 %), die der Ungelernten sank sogar fast um die Hälfte (-47 % gegenüber 1987).
Wenn man den Zuwachs an Beschäftigung nach Ausbildungsabschlüssen aufschlüsselt, stellt sich jedoch heraus: Die Zahl der sozialversichert Beschäftigten wächst ausschließlich im Segment der Hoch- und Höchstqualifizierten, der Akademiker – neudeutsch: „High Potentials“ (+131 % gegenüber 1987). Hingegen ging die Zahl der Beschäftigten mit abgeschlossener Lehre oder Fachschule zurück (-12 %), die der Ungelernten sank sogar fast um die Hälfte (-47 % gegenüber 1987).
Das ganze Ausmaß der Misere zeigen folgende Zahlen: Ende
2013 gibt es in Dortmund noch 23.273 Arbeitsplätze für Ungelernte, das sind 21.342
Stellen weniger als 1987. Und beinahe ebenso viele Ungelernte sind Ende 2013 arbeitslos
gemeldet: 22.190 (Quelle: Information der ARGE Jobcenter Dortmund an den Ratsausschuß
für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung, 19.03.14).
Der „Strukturwandel“ nützte also ausschließlich der
Oberschicht und schadete der breiten Masse der Dortmunder-innen. In absehbarer
Zukunft besteht auch keinerlei Aussicht, dass der auf Unternehmensgewinn
gerichtete „erste“ Arbeitsmarkt die Beschäftigungslücke schließt. Den 22.190
Arbeit suchenden Ungelernten stehen nämlich inzwischen über 62.000 Minijobs und
andere prekäre Arbeitsverhältnisse gegenüber, mit rasch steigender Tendenz.
Wenn diese in reguläre sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen
umgewandelt würden, wäre – rein rechnerisch – die Lücke geschlossen. Doch die
gewinnorientierte Wirtschaft fährt genau den entgegengesetzten Kurs.
Wie die Stadtverwaltung
die Ungelernten abhängt
Die Dortmunder Wirtschaftsförderung (WF-DO) trägt große
Mitschuld an diesem gespaltenen Arbeitsmarkt. Seit dem Jahr 2000 fördert sie
massiv einerseits solche Unternehmen, die überproportional viele Akademiker
beschäftigen (IT, MST, Biomedizintechnik, „Kreativwirtschaft“), andrerseits solche,
die besonders viele prekäre Jobs anbieten (Logistik, Gesundheitswirtschaft).
Dabei war die Erfolgsbilanz der WF-DO 2013 äußerst dürftig.
Durch Neugründungen von Unternehmen, worauf WF-DO besondere Hoffnungen setzt,
entstanden im vergangenen Jahr gerade mal rund 200 Arbeitsplätze in 78 neuen
Klein- und Kleinstbetrieben – bei 37.000 registrierten Arbeitslosen. In den genannten
„Leitbranchen“ des Strukturwandels meldete WF-DO ganze 14
Unternehmensgründungen oder Erweiterungen – die Zahl der
Unternehmensinsolvenzen in Dortmund lag um das 25-fache höher.
Diese miserable Bilanz kostete uns auch 2013 wieder runde 10
Mio € aus dem Stadtsäckel.
Im Gegenzug setzt die Stadtverwaltung als ausführendes Organ
die Kürzungen der Bundesregierung an der Arbeitsförderung um. So hatte noch die
schwarz-gelbe Bundesregierung beschlossen, das Förderinstrument „Bürgerarbeit“ für
Arbeitslose mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen bis Ende 2014 ersatzlos zu
streichen. In Dortmund waren Ende 2013 in diesem Programm 400 Menschen
beschäftigt:
200 Hilfshausmeister an Schulen,
54 „Quartierskümmerer“ in den Stadtteilen,
40 Küchenhilfen in Kitas (überwiegend im städtischen Eigenbetrieb FABIDO),
6 Fahrer-innen auf dem Hauptfriedhof.
Parallel dazu hatte der Stadtrat Ende 2012 eine „Kommunale
Arbeitsmarkt-Strategie 2015“ beschlossen, mit 685 Jobs im Jahr bis 2016.
Aktuell versucht die Stadtverwaltung 111 Bürgerarbeitsplätze zu retten, indem
sie sie in das kommunale Programm übernimmt. Aber ohne dessen Budget (knappe
1,6 Mio €) entsprechend aufzustocken. Also indem sie andere Teilprojekte
streicht oder kürzt:
Von den 100 Jobs im Service- und Präsenzdienst sollen 80,
von den 54 Quartierskümmerern 27 und von den 6 Friedhofsfahrer-innen sollen 4
in das Projekt „FAV“ überführt werden, aber ohne dies Projekt auszuweiten, also
de facto wird es um diese 111 Stellen gekürzt. Neben 200 neuen „1-€-Jobs“
(denen wir keine Träne nachweinen) und der Ausbildung von 35 neuen
Erzieherinnen fällt auch die Unterstützung der Umwandlung von 400 Minijobs in
sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeit komplett unter den Tisch. Die
restlichen 289 Bürgerarbeitsstellen
werden ebenfalls bis zum Jahresende wegfallen.
Insgesamt wird die öffentlich geförderte Beschäftigung in
diesen Programmen von 1.085 Stellen um 674 auf nur noch 411 reduziert – obwohl
gerade solche einfachen Arbeiten genau für die 22.000 gering qualifizierten Arbeitslosen
dringend gebraucht würden.
Wirksame Beschäftigungspolitik kommt von links – und nur von dort
Seit 1993 warb die Vorläuferin der Linkspartei, die PDS, und
seit 2007 wirbt die LINKE ununterbrochen für staatliche und kommunale Förderung
sozialer, kultureller und ökologischer, nicht auf Gewinn gerichteter
Beschäftigungsinitiativen. Nicht zuletzt diesem zähen Bohren ist es zu
verdanken, dass heute der eine oder andere nicht-linke Kommunalpolitiker die
Worte „Öffentlich geförderte Beschäftigung“ schon mal ausspricht ohne sich auf
die Zunge zu beißen.
So auch in Dortmund. Hier kam der neue OB Sierau unserem
ständigen Drängen auf Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung zur
Beschäftigungsförderung ein erstes Schrittchen entgegen und brachte die „Kommunale
Arbeitsmarkt-Strategie 2015“ ein. Doch die Alternative zur marktgläubigen
Gesundbeterei, der „ÖBS“ (Öffentlich
geförderter Beschäftigungs-Sektor) stößt noch immer auf scharfen Gegenwind
aus Wirtschaftsverbänden und Kammern sowie den anderen Dortmunder Ratsfraktionen.
Und wie wir sehen, knickt im Gegenwind der Unternehmerlobby ein
sozialdemokratischer OB wieder ein. Wir müssen also weiter bohren.
Wir werden in den nächsten Wochen in Gesprächen mit
Sozialverbänden und Initiativen Möglichkeiten darstellen, wie der ÖBS konkret
vor Ort ausgeweitet werden kann, ohne die knappen Haushaltsmittel der Stadt zu
überfordern.