Mittwoch, 31. Juli 2013

Frankreich: Agenda 2020 oder Aufstand gegen Merkel



Michael Schlecht, MdB – Spitzenkandidat DIE LINKE in Baden-Württemberg, Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE – 29. Juli 2013 

Merkels Kürzungsdiktat hat in der Eurozone zu einem Schwelbrand geführt. Inzwischen hat sich die Rezession nach Frankreich durchgefressen: Rekordarbeitslosigkeit, Wachstumsschwäche und steigende Defizite im Außenhandel erhöhen den Druck auf die Regierung. Union und FDP sind der Meinung, dass unser Nachbarland selbst schuld sei. "Frankreich braucht Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken", so FDP-Fraktionschef Brüderle.
Tatsache ist: In Frankreich sind die Löhne seit 2000 genauso stark wie die Produktivität und die Preise gestiegen. Die Reallöhne legten in den letzten zwölf Jahren um zwölf Prozent zu. Die relative Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs nahm nur deshalb ab, weil in Deutschland die Reallöhne im gleichen Zeitraum sogar um ein Prozent sanken. Es ist kein Anzeichen dafür erkennbar, dass sich hierzulande eine politische Mehrheit für ein Ende des Lohndumpings und damit verbunden einer extremen Exportorientierung ergeben könnte – egal wer nach der Wahl im September die Regierung stellt.
Was bleiben Frankreich also für Möglichkeiten? Wenn die bisherige Entwicklung sich fortsetzt, droht eine tief gehende Krise. Dass Frankreich sich unter den europäischen Rettungsschirm ESM stellen könnte, ist allein schon wegen der Größenordnung ausgeschlossen. Zudem würde sich die „Grande Nation“ niemals dem Diktat der Troika unterwerfen: "Die EU-Kommission hat uns nicht zu diktieren, was wir zu machen haben", so Frankreichs Präsident François Hollande.
Frankreich bleiben nur zwei grundsätzliche Antworten auf den von Merkel vorangetriebenen Vormarsch der Agenda-Politik in Europa.
Die erste Möglichkeit besteht darin, dass das Land „freiwillig“ das deutsche Exportmodell übernimmt und eine französische Agenda 2020 im Land umsetzt. Dazu gehören dann Renten- und Lohnkürzungen genauso wie eine Abschaffung oder zumindest Schleifung des flächendeckenden und allgemeinverbindlichen Mindestlohns von zur Zeit 9,50 Euro. Dieses Szenario birgt für die französische Gesellschaft eine enorme Sprengkraft. Es würde zwar die französischen Leistungsbilanzdefizite beseitigen, aber auch die französische Wirtschaft in eine mehrjährige Rezession stürzen. Arbeitslosigkeit und soziale Verwerfungen würden zunehmen. Dazu kommt, dass dies in der französischen Öffentlichkeit zu Recht als inoffizielle Kapitulation vor Deutschland wahrgenommen werden würde. Es bleibt deshalb fraglich, ob dieser Kurs überhaupt politisch durchgehalten werden könnte.
Die zweite Möglichkeit ist, einen Aufstand der Südländer anzuführen. Damit könnte Druck auf die deutsche Regierung gemacht werden mit dem Ziel, hierzulande das unfaire Lohndumping zu beenden und die Binnenwirtschaft massiv zu stärken. Eine solche Allianz könnte damit drohen, aus dem Euro auszutreten, um anschließend sofort gemeinsam einen Euro II zu gründen. Die Krisenländer wären damit aus dem alten Währungsgefängnis ausgebrochen. Deutschland würde so schlagartig seine Vorteile aus der gemeinsamen Währung verlieren. Das zurückgelassene Währungsgebiet des Euro I würde massiv aufwerten und damit die preisliche Wettbewerbsfähigkeit stark verringern. Die deutschen Exporte würden einbrechen und die Importe steigen. Die exorbitanten deutschen Leistungsbilanzüberschüsse würden zusammenschmelzen.
Die Androhung dieser Option hätte ein hohes Drohpotential gegenüber der herrschenden Politik hierzulande. Aber ein solch radikaler Akt des Widerstands zeichnet sich nicht ab. Offenbar kann sich der französische Präsident bislang nicht zu einem solchen Schritt gegen Merkel durchringen.
Vieles spricht dafür, dass François Hollande eher seinen lavierenden Kurs weiterfahren wird, nämlich ein bisschen Agenda-2020-Reform und ein bisschen Widerstand gegenüber dem deutschen Lohndumpingdiktat. Das ist aber zu wenig. Die Eurokrise und die Probleme Frankreichs bleiben so ungelöst und schwelen zu Lasten der Bevölkerung weiter.


Zu diesem Thema ist ein ausführliches Papier von Michael Schlecht als PDF erschienen (12 Seiten). Dieses kann über seine Webseite oder direkt hier heruntergeladen werden.

Freitag, 26. Juli 2013

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Stadt-Streicher gegen Land-Streicher. Dortmund vor der Pleite


Seit mehr als zehn Jahren immer dieselbe Klamotte. Das Jahr ist gerade halb um, da bläst der Stadtkämmerer ins Horn, weil er mit dem Geld nicht auskommt. Infolge „unvorhergesehener“ Ereignisse liefen im Stadthaushalt die Ausgaben den Einnahmen davon. Nicht vorher sehen können das allerdings nur Leute, die im Fernsehen bloß Sport, Krimis und Kochshows gucken und im Stadtrat grundsätzlich weghören, wenn die LINKE genau die Fakten benennt, die den phantastischen Haushaltsplan Monate später in den Papierkorb fegen. So wiesen wir auch in der Haushaltsdebatte für 2013 nach, dass die europäische Krise zum Einbrechen der Gewerbesteuer und zu steigenden Soziallasten der Stadt führen wird. Jetzt haben wir den Salat.

Im zweiten Akt des alljährlichen Dramas, pünktlich zur Sommerpause, zieht dann der Kämmerer eine neue Giftliste aus dem Ärmel, mit der die Stadt leider-leider ihre Leistungen für die Bürger noch mehr zusammenstreichen muss. Um den Rat auf Kürzungen und die Bürger auf Verzicht einzustimmen, droht er jedesmal mit dem dicken Knüppel: Ohne Ausgabenkürzungen würde das Haushaltsloch so groß, dass die Stadt in die Haushaltssicherung rutsche und fortan ihre Finanzhoheit verlöre. Da Laien sich darunter alles mögliche, aber nichts genaues vorstellen können, fallen sie Jahr für Jahr auf diese Panikmasche herein.

Haushaltssicherung? Ein Restchen vom „rheinischen Kapitalismus“

Detroit ist pleite, lesen wir. Na und? Was ändert sich in den Slums? Was am Verkehrschaos? An der Arbeitslosigkeit, der rassistischen Polizei, der Zwei-Klassen-Medizin, den Hypothekenschulden der Hausbesitzer? Den reichen Gläubigern der Stadt droht ein Kapitalschnitt, eine Spekulationsblase platzt, die Spekulation auf öffentliche Güter geht weiter.

Das deutsche Gemeinderecht ist noch nicht ganz so „marktkonform“ (O-Ton Merkel). Hier soll die Kommunalaufsicht des Regierungspräsidenten Kommunen vor der Pleite (das heißt: deren Kreditgeber vor Verlusten) bewahren. Die Gemeindeordnung NRW schreibt vor: Wenn der städtische Jahresabschluß ein höheres Defizit ausweist als ursprünglich geplant, so kann die Aufsichtsbehörde  „Anordnungen treffen, … diese auch selbst durchführen oder … einen  Beauftragten bestellen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft wieder herzustellen.“ Die Stadt braucht dann für alle Ausgaben die Genehmigung des Regierungspräsidenten in Arnsberg oder seines Beauftragten.

Darüber hinaus gilt: Defizite zwischen Einnahmen und Ausgaben müssen mit städtischem Eigenkapital verrechnet werden, das Eigenkapital schrumpft entsprechend. Übersteigt das Defizit in zwei aufeinander folgenden Jahren jeweils 5 % des verbliebenen Eigenkapitals, so muss die Stadt ihre Haushaltspläne von der Kommunalaufsicht genehmigen lassen und ein „Haushaltssicherungskonzept“ aufstellen, mit dem sie innerhalb von 10 Jahren zu einem Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben kommen kann.

Während alle anderen Dortmunder Ratsfraktionen sich bisher immer unter diesen Knüppel beugten, stimmt die LINKE regelmäßig gegen die Streichlisten – trotz drohender Haushaltssicherung. Und zwar aus folgenden Gründen:

Erstens schlägt die LINKE seit Jahr und Tag immer wieder Alternativen zum Sozial- und Personalabbau vor:
-       Stärkung der Einnahmeseite durch höhere, zum Teil neue Gemeindesteuern  auf große Vermögen und Unternehmensgewinne,
-       Umschichtung von Unternehmenssubventionen in Nachfrage-steigernde Beschäftigungsprogramme,
-       Verzicht auf protzige Repräsentations- und Prestigeprojekte wie den U-Turm.
Aber solche Vorschläge sind für unsere Oberschicht natürlich völlig unannehmbar. (Immerhin folgte diesmal endlich der Rat unserem Antrag, den Hebesatz der Gewerbesteuer zu erhöhen, sonst sähe es jetzt noch schlimmer aus.)

Zweitens sind die Eingriffsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde nicht so dramatisch wie vom Kämmerer an die Wand gemalt: Zu ca. 90 % der Ausgaben ist die Stadt gesetzlich oder vertraglich verpflichtet, die kann auch ein Regierungspräsident nicht kippen.

Drittens: Bei den restlichen 10 %, den „freiwilligen Leistungen“ wie Jugendheime, Schwimmbäder, Parks, Theater, Museen, Dortmundpass usw. macht es finanziell keinerlei Unterschied, ob unsere Stadtspitze sie freiwillig kaputt spart und an Private verramscht, um der Kommunalaufsicht zuvor zu kommen, oder ob ein Beamter in Arnsberg sie kaputt spart. Die grundgesetzlich geforderte Selbstverwaltung der Kommunen verkürzt sich heute darauf, die Reihenfolge der Streichungen zu bestimmen, aber nicht deren Umfang und Tempo. Die ergeben sich aus den Zwängen der staatlichen Gemeindefinanzierung. Wirtschafts- und sozialpolitisch läuft beides gleichermaßen auf weitere Umverteilung öffentlicher Mittel hinaus: Unten kürzen, damit die Oberschicht noch reicher wird.

In der Tat laufen die meisten Streitereien um Geld im Stadtrat nach dem Prinzip „Beggar my neighbour“ (Mach meinen Nachbarn zum Bettler): Jede Fraktion versucht, ihre speziellen Freunde möglichst weit hinten auf der Streichliste zu platzieren, und alle zusammen versuchen sie, ihrer Stadt Vorteile auf Kosten anderer zu sichern. (Das nennen sie Wettbewerb.)

Viertens aber steckt darin ein vielleicht entscheidender politischer Unterschied: Das wollen wir doch erst einmal sehen, ob Sozialdemokrat Bollermann im fernen Arnsberg mit den Dortmunder-innen noch rabiater umspringen kann als seine Parteifreunde hier, die mit all ihren weit verzweigten Netzwerken vor Ort jeden Widerstand gegen ihre Giftlisten unter der sozialdemokratischen Filzdecke ersticken.

Schuldenbremsen: Klassenkampf von oben

Warum ist das Ideal der „schwäbischen Hausfrau“ für öffentliche Haushalte grundverkehrt? Weil die Hausfrau nur darauf achten muss, mit dem vorgegebenen Haushaltseinkommen gut auszukommen, also das Konto am Monatsende nicht zu überziehen. „Schuldenbremsen“ funktionieren genau nach demselben Prinzip: Die Einnahmen des öffentlichen Haushalts werden von oben vorgegeben, ihr Rahmen wird ausgehandelt in Kungelrunden der obersten Parteispitzen mit Kapitalvertretern. Die Finanzhoheit der Kommunen besteht nur darin, mit diesen vorgegebenen Mitteln „auszukommen“, das heißt, dass im „Wettbewerb“ mit ihresgleichen die Katastrophen der anderen größer erscheinen als die eigenen („Uns geht es ja noch rosig…“).

LINKE-Politik macht dies „Beggar-my-neighbour“-Spiel nicht mit. Wir verteidigen sowohl die Caritas-Energieberatung als auch die Breitenkultur im Museum am Ostwall – am Ostwall ! – sowohl den Dortmundpass als auch die städtischen Bäder und naturnahe Freiräume für die Naherholung usw. Wir verweigern uns einer Wettbewerbsideologie, die Dezernate gegeneinander, die Städte gegeneinander und alle zusammen gegen „den Staat“ ausspielt, um die Umverteilung von unten nach oben munter fortzusetzen. Immer mehr Städte sind ja deswegen faktisch pleite, weil heute auf allen Ebenen Finanzpolitik dem Prinzip huldigt: Privat vor Staat ! Privater Reichtum durch öffentliche Armut ! Das nennen wir Klassenkampf von oben.

Klar ist aber, ob mit oder ohne Haushaltssicherung: Eine sozialere Einnahmenpolitik – sprich: Steuerpolitik in Stadt und Land können nur die von den Kürzungen Betroffenen selbst durchsetzen. Das Veto der LINKEN im Rat kann ihnen das nicht abnehmen, sondern nur den Druck der Straße unterstützen. Wenn der fehlt, ist die LINKE machtlos. Denn ihr parlamentarischer Einfluß, Resultat von Wahlergebnissen, steigt oder fällt mit dem Geschehen auf der Straße. Ihre Präsenz in den kapitalistischen Medien ebenso.

Nicht dass es uns an guten Ideen für bessere Alternativen mangelt – es mangelt vielen Menschen „nur“ an Selbstvertrauen, sich auf sie einzulassen. Das Misstrauen gerade junger Menschen gegen alles „Politische“ trudelt in eine gefährliche Abwärtsspirale: Je schwächer der politische Widerstand gegen Kürzungen, umso weniger Rücksicht muss die herrschende Klasse nehmen – und je rücksichtsloser diese „durchregieren“ kann (O-Ton Merkel), umso mehr zersetzt Resignation den Widerstand.

Wer die Umverteilung von unten nach oben stoppen will, muss diesen Abwärtssog stoppen. Der entscheidende erste Schritt, ob gegen Stadt- oder Land-Streicherei (Giftliste des Kämmerers oder Haushaltssicherung): Zu beiden werden die Bürger nicht gefragt, aber die eine wie die andere können sie unüberhörbar ablehnen. – Und abwählen. Die Alternative ist eine Frage des Selbstvertrauens.

Mittwoch, 17. Juli 2013

Notizen aus der Provinzhauptstadt: DIE LINKE will Informationen zu RWE-Mindestrendite


Nach den Informationen der Fraktion DIE LINKE im Dortmunder Rat erhält RWE für seine 47%ige Beteiligung an der Dortmunder Energie und Wasser (DEW21 GmbH) nicht nur den üblichen Anteil an den Gewinnen in Höhe seiner Geschäftsanteile. Unabhängig vom Geschäftsergebnis der DEW ist RWE eine Mindestdividende von 15,2 Mio. Euro vertraglich zugesichert worden. Diese Mindestdividende erhält RWE auch, wenn das Geschäftsergebnis der DEW einmal schwächer ausfallen sollte. In diesem Falle müssten die Dortmunder Stadtwerke auf Gewinnanteile verzichten, um RWE seine Mindestdividende auszuzahlen.
„Angesichts dieser ungewöhnlichen Regelung zu Gunsten eines privaten Großkonzerns stellen wir uns natürlich die Frage, wie es denn überhaupt dazu kommen konnte. Daher thematisieren wir die Frage der Mindestdividende im nächsten Beteiligungsausschuss des Rates“, so der Fraktionssprecher Utz Kowalewski.
Dazu stellt DIE LINKE der Verwaltung folgende Fragen:
1. Wann wurde diese Vereinbarung geschlossen? Mit welcher Laufzeit? Gilt sie heute noch?
2. Von wem und in welcher Form wurde die Vereinbarung geschlossen? Waren die Stadtverwaltung und der Rat der Stadt Dortmund in den Abschluß eingebunden ? Falls ja, in welcher Weise ?
3. Falls die Vereinbarung erst nach der Gründung von DEW bzw. dem Eintritt von RWE bei DEW zustande kam: Worin besteht der zusätzliche Nutzen der Vereinbarung für die Stadt bzw. DSW21 gegenüber dem vorigen Zustand? Welche Gegenleistung der RWE Deutschland AG wurde vereinbart?
4. Wie hat RWE die Gegenleistung tatsächlich erbracht? Wurde die Gegenleistung in vollem Umfang erbracht ?
5. Wie lautet der genaue Wortlaut der Vereinbarung ?
Mit einer Beantwortung ist in der Septembersitzung des Ausschusses für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften zu rechnen.

Donnerstag, 11. Juli 2013

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Mit einfältigen Märchen gegen Rekommunalisierung



Was kann einen Oberbürgermeister, einen SPD-Fraktionschef, einen Gewerkschaftsfunktionär von Verdi, einen Betriebsrat des lokalen Versorgungsunternehmens dazu treiben, in großer Koalition mit den Schwarz-Gelben die Beteiligung von RWE an der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21) verlängern zu wollen? Sind es ihre Aufsichtsratsmandate, die sie verpflichten, das Unternehmensinteresse über das Gemeinwohl zu stellen? (Und mit dem Unternehmenswohl steigen oder fallen ja ihre Aufsichtsratsvergütungen.)

Keinesfalls traue ich diesen Insidern so viel Einfalt zu, dass sie selbst die Märchen glauben, mit denen sie uns ihr Verhalten begründen:

„Die Trennung von RWE gefährdet Arbeitsplätze!“ – Selten so gelacht. RWE hat für Dortmund nie eine Arbeitsplatzgarantie abgegeben, sondern nur eine „Standortgarantie“, und die wäre auch mit einem Pförtnerhäuschen erfüllt. Der RWE-Vorstand hat angekündigt, bis 2015 jeden siebten Arbeitsplatz im Konzern zu streichen (10.400 von 70.000). Der Dortmunder Versorger DEW21 hat mit RWE-Beteiligung in 15 Jahren ein Drittel der Belegschaft wegrationalisiert.

„Wenn wir uns von RWE trennen, tritt er als neuer, aggressiver Konkurrent von DEW21 auf den Dortmunder Energiemarkt!“ – Das ist unverantwortliche Panikmache. Heute können wir in Dortmund zwischen 195 konkurrierenden Stromanbietern auswählen, einige von ihnen mit aggressiven Dumpingpreisen. Ob RWE da mithalten kann und will, ist bei dessen Preisgestaltung mehr als unwahrscheinlich, jedenfalls kein Grund zur Panik. Dagegen kann DEW21 ohne RWE die Energiepreise sozialer gestalten.

„Nur Großunternehmen wie RWE können uns Versorgungssicherheit gewährleisten!“ – Das Gegenteil ist wahr. Viele dezentrale „intelligente“ Netze sind viel sicherer als wenige Großanlagen. Weil RWE aber mit Großprojekten (Braunkohlekraftwerke, Offshore-Windparks, mit 2.800 km neuen Netzen kreuz und quer durch ganz Deutschland, riesigen Umspannwerken usw.) die höchsten Profite macht, hintertreibt er die Energiewende, die nur dezentral, verbrauchernah und mit breiter Bürgerbeteiligung funktionieren kann.

„RWE war immer ein zuverlässiger Partner, der die Geschäftsentwicklung von DEW21 nie behindert hat!“ – Das ist glatt gelogen. Viele Jahre lang hat RWE als Gesellschafter von DEW mit langfristigen, überteuerten Lieferverträgen verhindert, dass DEW günstigeren Strom vom Spotmarkt einkauft. Dann hat RWE uns mithilfe seiner politischen Lobby ein Kohlekraftwerk in Hamm angedreht (GEKKO), das DEW dauerhaft Verluste von jährlich 7 bis 15 Mio € beschert und schon 70 Arbeitsplätze bei DEW kostete.

„RWE aus DEW21 herauszukaufen, wäre unbezahlbar, jedenfalls unwirtschaftlich!“ – Das haben mehrere unabhängige Gutachter eindeutig widerlegt. RWE kassiert Jahr für Jahr mindestens 25 %, tatsächlich sogar bis über 40 % Rendite auf sein bei DEW angelegtes Kapital. Stattdessen wäre es für uns viel wirtschaftlicher, den Kaufpreis des RWE-Anteils über Bankkredit zu finanzieren und den Kredit aus dem Mehrertrag von DEW (nach Wegfall der Dividende an RWE) in wenigen Jahren zu tilgen.

Mehr als diese unhaltbaren Argumente haben die Dortmunder RWE-Freunde nicht vorgebracht. Wenn sie trotzdem verbissen gegen die Rekommunalisierung von DEW21 mauern, müssen sie Gründe haben, die sie nicht öffentlich diskutieren mögen. Über rein egoistische Motive hinaus (siehe oben) bleibt da nur: Sie klammern sich an die Großkonzerne selbst dann noch, wenn die Schäden des Big Business für die Allgemeinheit offenkundig werden.