Donnerstag, 11. Juli 2013

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Mit einfältigen Märchen gegen Rekommunalisierung



Was kann einen Oberbürgermeister, einen SPD-Fraktionschef, einen Gewerkschaftsfunktionär von Verdi, einen Betriebsrat des lokalen Versorgungsunternehmens dazu treiben, in großer Koalition mit den Schwarz-Gelben die Beteiligung von RWE an der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21) verlängern zu wollen? Sind es ihre Aufsichtsratsmandate, die sie verpflichten, das Unternehmensinteresse über das Gemeinwohl zu stellen? (Und mit dem Unternehmenswohl steigen oder fallen ja ihre Aufsichtsratsvergütungen.)

Keinesfalls traue ich diesen Insidern so viel Einfalt zu, dass sie selbst die Märchen glauben, mit denen sie uns ihr Verhalten begründen:

„Die Trennung von RWE gefährdet Arbeitsplätze!“ – Selten so gelacht. RWE hat für Dortmund nie eine Arbeitsplatzgarantie abgegeben, sondern nur eine „Standortgarantie“, und die wäre auch mit einem Pförtnerhäuschen erfüllt. Der RWE-Vorstand hat angekündigt, bis 2015 jeden siebten Arbeitsplatz im Konzern zu streichen (10.400 von 70.000). Der Dortmunder Versorger DEW21 hat mit RWE-Beteiligung in 15 Jahren ein Drittel der Belegschaft wegrationalisiert.

„Wenn wir uns von RWE trennen, tritt er als neuer, aggressiver Konkurrent von DEW21 auf den Dortmunder Energiemarkt!“ – Das ist unverantwortliche Panikmache. Heute können wir in Dortmund zwischen 195 konkurrierenden Stromanbietern auswählen, einige von ihnen mit aggressiven Dumpingpreisen. Ob RWE da mithalten kann und will, ist bei dessen Preisgestaltung mehr als unwahrscheinlich, jedenfalls kein Grund zur Panik. Dagegen kann DEW21 ohne RWE die Energiepreise sozialer gestalten.

„Nur Großunternehmen wie RWE können uns Versorgungssicherheit gewährleisten!“ – Das Gegenteil ist wahr. Viele dezentrale „intelligente“ Netze sind viel sicherer als wenige Großanlagen. Weil RWE aber mit Großprojekten (Braunkohlekraftwerke, Offshore-Windparks, mit 2.800 km neuen Netzen kreuz und quer durch ganz Deutschland, riesigen Umspannwerken usw.) die höchsten Profite macht, hintertreibt er die Energiewende, die nur dezentral, verbrauchernah und mit breiter Bürgerbeteiligung funktionieren kann.

„RWE war immer ein zuverlässiger Partner, der die Geschäftsentwicklung von DEW21 nie behindert hat!“ – Das ist glatt gelogen. Viele Jahre lang hat RWE als Gesellschafter von DEW mit langfristigen, überteuerten Lieferverträgen verhindert, dass DEW günstigeren Strom vom Spotmarkt einkauft. Dann hat RWE uns mithilfe seiner politischen Lobby ein Kohlekraftwerk in Hamm angedreht (GEKKO), das DEW dauerhaft Verluste von jährlich 7 bis 15 Mio € beschert und schon 70 Arbeitsplätze bei DEW kostete.

„RWE aus DEW21 herauszukaufen, wäre unbezahlbar, jedenfalls unwirtschaftlich!“ – Das haben mehrere unabhängige Gutachter eindeutig widerlegt. RWE kassiert Jahr für Jahr mindestens 25 %, tatsächlich sogar bis über 40 % Rendite auf sein bei DEW angelegtes Kapital. Stattdessen wäre es für uns viel wirtschaftlicher, den Kaufpreis des RWE-Anteils über Bankkredit zu finanzieren und den Kredit aus dem Mehrertrag von DEW (nach Wegfall der Dividende an RWE) in wenigen Jahren zu tilgen.

Mehr als diese unhaltbaren Argumente haben die Dortmunder RWE-Freunde nicht vorgebracht. Wenn sie trotzdem verbissen gegen die Rekommunalisierung von DEW21 mauern, müssen sie Gründe haben, die sie nicht öffentlich diskutieren mögen. Über rein egoistische Motive hinaus (siehe oben) bleibt da nur: Sie klammern sich an die Großkonzerne selbst dann noch, wenn die Schäden des Big Business für die Allgemeinheit offenkundig werden.

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