Sonntag, 28. September 2014

Notizen aus der Provinzhauptstadt: OB und Kämmerer ratlos, "Land unter" für Dortmunds Haushalt


Von den 15 Städten mit über 100.000 Einwohnern zwischen Duisburg und Hamm sind 12 so überschuldet, dass sie der Landesregierung "Haushaltssanierungspläne" vorlegen und genehmigen lassen müssen ("Stärkungspakt NRW"), zwei weitere mussten "Haushaltssicherungskonzepte" aufstellen. Nur eine einzige Großstadt des Reviers konnte über ihre Haushaltsmittel bisher noch - im Rahmen der Gesetze - selbst verfügen: Dortmund. Zum Jahreswechsel 2014/15 wird das voraussichtlich auch hier vorbei sein.

Nach der jüngsten Prognose der Kämmerei soll der Dortmunder Stadthaushalt bis Ende 2014 mit einem Fehlbetrag knapp unterhalb 5 % des städtischen Eigenkapitals abschließen. Doch wenn die Konjunktur sich weiter eintrübt - was allgemein erwartet wird - und folglich die Gewerbesteuer absackt, können auch noch schärfere Leistungskürzungen der Verwaltung das Loch nicht mehr stopfen, dann wird die 5%-Latte gerissen. Und ab 2015 droht das Defizit sich noch um einige -zig Millionen € weiter zu erhöhen. Dann rutscht auch die letzte Reviergroßstadt unter die Haushaltssicherungsfuchtel der Bezirksregierung. Dann hat die Wirtschafts- und Finanzkrise, parallel zum Demokratieabbau in ganz Europa, im gesamten Ruhrgebiet die verfassungsmäßige Selbstverwaltung der Kommunen weitgehend außer Kraft gesetzt.

Sechs Momente sind es, welche die Löcher in der Stadtkasse weiter aufreißen. Und bis auf eins sind sie allesamt Folgen schädlicher Regierungspolitik in Land, Bund und EU:

- Die Zahl der Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften (Grundsicherung bei Arbeitslosigkeit, Altersarmut und Erwerbsminderung) ist auf derzeit 44.000 geklettert und steigt weiter – damit auch die Kosten der Unterkunft, die zu drei Vierteln die Kommunen aufbringen müssen.

- Vor allem die Zuwanderung aus Rumänien wirkt sich hier aus – Folge der planlosen, überstürzten EU-Erweiterung.

- Dortmund soll monatlich 100 Flüchtlinge aus Syrien zugewiesen bekommen. Dies ist eine Folge des Bürgerkriegs dort, in dem der Westen Islamisten gegen Assad massiv gefördert und aufgerüstet hat (inzwischen wurde ihre Radikalisierung auch dem Westen zu gefährlich, aber jetzt liegt das Kind im Brunnen).

- Infolge steigender Soziallasten erhöht sich auch der Beitrag der Stadt zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL-Umlage).

- Die Schlüsselzuweisungen des Landes für Dortmund sinken. Dies ist eine Folge sowohl der sinkenden Einwohnerzahl (Abwanderung vor allem wegen hoher Arbeitslosigkeit, des unterdurchschnittlichen Einkommensniveaus und der Förderung prekärer Arbeitsverhältnisse) als auch Folge des gewollten staatlichen Aushungerns der Kommunen.

- Die gerichtlich erzwungene Erhöhung der Beamtenbezüge ist die einzige Mehrbelastung der Stadt, die nicht auf falscher Politik beruht, sondern auf einer Korrektur falscher Politik.

Dies alles vor dem Hintergrund, dass ohnehin die Städte viele eigentlich staatliche Aufgaben erfüllen, für die sie aber bei weitem nicht die vollen Kosten erstattet bekommen. So wendet Dortmund 2014 für Personenstands- und Zulassungsämter, Kosten der Unterkunft, das Bildungswesen, Gesundheitsvorsorge, Krankenhäuser, Klima- und Umweltschutz, bestimmte Aufgaben der Wirtschaftsförderung ca. 660 Mio € mehr auf, als Land und Bund erstatten. Diese Finanzierungslücke entspricht etwa einem Drittel aller laufenden Aufwendungen im Jahreshaushalt der Stadt. Hier liegt die Hauptursache für die Überschuldung der Städte. Ein politischer Skandal, der dem normalen Bürger kaum bewußt ist.

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