Dortmunds wirtschaftliche Lage
Die
Wachstumsmaschine Stadt funktioniert nicht mehr. Die "Metropole Ruhr"
- soweit sie jemals mehr war als ein Werbegag - sie schrumpft. Auch Dortmund,
dessen Macher und Nutznießer sich immer noch auf Wachstumskurs wähnen. In Wirklichkeit
kommt die "unternehmerische Stadt" zum Stillstand. Dortmunds
Einwohnerzahl sank in den letzten sieben Jahren um 16.000 (Ende 2005: 588.000 -
Ende 2012: 572.087 EW). Die Wertschöpfung und die Einzelhandelskaufkraft wachsen
nur noch für eine Minderheit der Unternehmen. (Diese hält zwar die statistischen
Durchschnittswerte noch knapp im Plus, aber die Mehrheit stagniert.) Auch die verfügbaren
Einkommen legen nur noch im oberen Viertel zu.
Ursachen:
Spärlichen Zuzügen von "High performers" (Phoenixsee, Stadtkrone Ost,
Hohenbuschei) steht massenhafte Armutszuwanderung gegenüber, Fachkräfte wandern
in tatsächliche Metropolen mit besseren Zukunftsaussichten ab. Hier dagegen
basieren scheinbare Beschäftigungszuwächse fast ausschließlich auf der
Zerlegung sozialversicherter Vollzeitstellen in Teilzeit-, Mini- und andere
prekäre Jobs.
Die Folgen für den städtischen Haushalt
Die
sündteuren "Leuchttürme" der Standortkonkurrenz versagen als
Wachstumsmotoren, aber ihre Folgekosten belasten uns weiter zunehmend.
Niedriglöhne,
Rentenreform, Flüchtlingsströme treiben die Zahl der
Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften und die Sozialausgaben hoch und dämpfen zugleich
die Wirtschaftskraft.
Die
Schrumpfprozesse drücken auf den kommunalen Finanzausgleich, die
Schlüsselzuweisungen des Landes sinken.
Um den
Wachstumsschwindel noch ein Weilchen künstlich zu beatmen, verbrennt die
"Standortentwicklung" über Wirtschaftsförderung, Sondervermögen,
öffentlich-private Partnerschaften usw. jährlich viele Millionen Euro.
Der
städtische Haushalt treibt auf ein Desaster zu.
Für einen Haushalt des Realismus,
nicht der Illusionen
In dieser
Lage unserer Stadt kann es nicht Aufgabe der LINKEN & Piraten sein,
trotzige Wachstumsparolen und kannibalische Städtekonkurrenz zu unterstützen.
Realistische Haushaltspolitik hat heute Abschied zu nehmen von den angeblich
alternativlosen Sachzwängen der Standortlogik, hat aus Schrumpfung und Verarmung
andere Konsequenzen zu ziehen, als die verarmende Nordstadt mit einem
Fußballmuseum zu beglücken. Eine Haushaltspolitik, die Schrumpfung als Realität
anerkennt und die sozialen Chancen entsprechend neu verteilt, hat ihre Leitlinien
und Schwerpunkte neu zu buchstabieren. Es gilt
-
Stadtentwicklung nicht mehr auf "Leuchttürme" und "High
potentials" einzuengen: Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften ist zu
verringern durch Umlenken der Wirtschaftsfördermittel auf soziale und kulturelle
Eigeninitiativen der Bevölkerung. Der sozialgewerbliche Beschäftigungssektor
und Projekte der solidarischen Ökonomie sind energisch und massiv auszubauen
("Neue Arbeit-Ökonomie vor Ort"; siehe auch unsere Untersuchung
"Arbeit für Alle").
- der
sozialen Spaltung der Stadt entgegen zu wirken: Städtische Ressourcen sind auf die
Aktionsräume der "Sozialen Stadt" zu konzentrieren.
- die soziale
Infrastruktur auszubauen: Städtische Tochterunternehmen dürfen nicht länger zur
Sanierung des Kernhaushalts mißbraucht werden. Das gilt besonders für den
Wohnungsbau, den ÖPNV, die Energie- und Wasserversorgung, Sport- und
Kulturstätten.
- Schluß zu
machen mit der privaten Abzocke städtischer Gelder: Verbot und möglichst Rückabwicklung
von ppp-Projekten, vollständige Auflösung der RWE-Beteiligung an DEW21,
sofortige Rückführung des Flughafens auf den Geschäfts- und Frachtverkehr.
- Kreativität
nicht zuerst als Wirtschaftsfaktor ("Kreativwirtschaft"), sondern als selbstbestimmte Lebensäußerung
der Stadtmenschen zu begreifen: Basisinitiativen mit leerstehenden Flächen und
Räumen versorgen, Genossenschaftsgründungen erleichtern und besonders fördern.
- die
"Schuldenbremse" vom Kopf auf die Füße zu stellen: Heraus aus der
Schuldenfalle durch die staatliche Unterfinanzierung der Kommunen, heraus aus
der Ausplünderung durch Banken. Sämtliche kommunalen Leistungen, die ihrem
Wesen nach Staatsaufgaben erfüllen, werden in vollem Umfang dem Land in
Rechnung gestellt (Personenstands- und Zulassungsämter, alle Kosten der
Unterkunft für Grundsicherungsbedürftige, das gesamte Bildungswesen,
Gesundheitsvorsorge, Krankenhäuser und Heilstätten, Klima- und Umweltschutz,
bestimmte Aufgaben der Wirtschaftsförderung wie Messen, Vernetzung von
Forschung und Lehre mit der Produktion, Instandsetzung brachfallender
Immobilien überregionaler Unternehmen uvm.)
Liquiditätskredite
werden in einen gemeinsamen ruhrgebietsweiten Schuldenfonds ausgelagert, der
zentral Zins- und Tilgungserlasse aushandelt.
Konsequenzen für unser Verhalten zum
Haushalt 2015: Die Reichen sollen zahlen
Mit dem
staatlichen Ausbluten der Gemeindekassen ist von vorn herein dafür gesorgt, dass
jede soziale Forderung einen Verteilungskonflikt mit den mächtigen Nutznießern
des städtischen Haushalts heraufbeschwört: den Wirtschaftsverbänden, den
Kammern, einigen einflussreichen Managern wichtiger Unternehmen (z.B. RWE),
Banken und Versicherungen, den mit Wirtschaft und Politik eng verzahnten
Hochschulen, auch mit dem lokalen Zeitungsmonopolisten Lensing. Denen geht
verloren, was der breiten Masse zusätzlich zugute kommen soll.
Absehbar ist
auch: Ohne die laufenden Defizite des Konzerthauses, des Flughafens, des
U-Turms, des Fußballmuseums (zusammen ca. 40 Millionen € jährlich), ohne die
Zinsverpflichtungen an Banken und „ppp“-Investoren (ca. 60 Millionen €
jährlich) und ohne die Gewinnabflüsse aus der Energie- und Wasserversorgung an
den Privatkonzern RWE (ca. 20 Millionen € jährlich) wäre der Stadthaushalt auch
2015 im plus und wären manche unserer sozialen Forderungen zusätzlich zu
finanzieren.
Es versteht
sich von selbst, dass solche Anschläge auf die Goldesel der Oberen Zehntausend
eine gehässige, demagogische Hetze gegen die LINKE & Piraten hervorrufen.
Dennoch, sollte die Stadtspitze jemals auf unsere Stimmen für ihren Haushalt
angewiesen sein, müsste sie sich nicht nur auf unsere Forderungen, sondern auch
auf unsere Finanzierungsvorschläge einlassen. Solange sie dazu nicht bereit
ist, haben wir keinen Grund, ihrem Haushalt zuzustimmen.
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