Ein Vortrag für die Ratsfraktion DIELINKE & Piraten mit ATTAC und Gewerkschaft VERDI, 1.Teil
Was
weder schwarz-gelbe Bundes- und Landesregierungen noch schwarz-rote und
rot-grüne bis heute schafften, das würden die EU-Kommission und der
US-Handelsminister mit ihrem Freihandelsabkommen „TTIP“ schaffen – wenn sie
nicht von unten gestoppt werden: die Selbstverwaltung der Kommunen
vollends abwürgen, diesen Eckpfeiler unserer Demokratie niederreißen.
Für
unsere föderale Verfassung ist ja wesentlich, dass sie den Bürgern auf der
untersten staatlichen Ebene, in der Kommune relativ weite Regelungsrechte
einräumt. Und das Standbein dieser kommunalen Selbstverwaltung ist die im Grundgesetz
verankerte Finanz- oder Budgethoheit, nach der Städte und
Gemeinden selbst bestimmen können, welche öffentlichen Güter sie, über die
gesetzlich vorgegebenen Mindeststandards der Daseinsvorsorge hinaus – sich leisten
wollen.
Dass
TTIP, sollte es nicht verhindert werden, und CETA, das soeben ausgehandelte
Abkommen mit Kanada – radikal Schluß machen würden mit unserer kommunalen
Budgethoheit, will ich an konkreten Beispielen aus Dortmund
zeigen.
Wie
die folgenden Beispiele alle belegen, erkennen die Freihandelsideologen die
flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern wie Trinkwasser,
Gesundheitsdienste, öffentliche Verkehrsmittel, Bildungseinrichtungen
usw. überhaupt nicht als besondere, staatlich zu leistende Aufgabe an, sondern
erklären sämtliche öffentlichen Dienstleistungen zu „Märkten“ wie alle privaten
Waren- und Dienstleistungsmärkte. Und sie wollen uns vorschreiben, dass die
staatlichen und kommunalen Verwaltungen private Kapitalanleger, auch solche
aus dem Ausland, gleich behandeln müssen wie öffentliche Versorgungsbetriebe,
den Privaten Zugang zu jedem öffentlichen Dienstleistungssektor gewähren und
alles unterlassen sollen, was deren Gewinnerwartung beeinträchtigt.
Dabei
geht es den privaten Investoren nicht um „Peanuts“, sondern um erhebliche
Summen. Eine Großstadt wie Dortmund mit ihren 572.000 Einwohnern wälzt im Jahr
ein Haushaltsvolumen von knapp 2 Mrd € um. Daran zu kommen, wäre auch für
US-Konzerne ein leckeres Schnäppchen.
Erstes Beispiel:
Gleichbehandlung bei öffentlichen Aufträgen
Etwa
ein Viertel des städtischen Jahreshaushalts, also knapp 500 Mio € gibt die
Stadtverwaltung für Sach- und
Dienstleistungen aus, die sie von außen zukaufen muss.
Im
gesamten Bundesgebiet sind dies rund 500 Mrd €, eine halbe Billion.
Nun
haben wir in NRW seit 2012 endlich ein Tariftreue- und Vergabegesetz (TVG) erreicht.
Ich
sage „wir“, weil daran die damalige LINKE Landtagsfraktion einen nicht
unbedeutenden Anteil hatte. Leider haben die Wähler-innen das bei der nächsten
Landtagswahl vergessen oder gering geschätzt, wie dem auch sei…
Dies
nützliche Gesetz erlaubt den Kommunen, öffentliche Aufträge nicht nur an den
jeweils preisgünstigsten Anbieter zu vergeben, sondern in die Ausschreibungen
auch soziale
und ökologische Bewertungskriterien aufzunehmen, wie etwa die
Verpflichtung des Anbieters, seine Arbeitskräfte nach den geltenden Tarifverträgen
zu bezahlen und nicht unter dem Mindestlohn von 8,62 €/h, die Mindestarbeitsnormen
nach ILO einzuhalten, das Verbot von Kinderarbeit zu befolgen, auf Umweltschutz
und Energieeffizienz
zu achten, das alles auch von seinen Subunternehmern zu verlangen u.ä.
Ja, es gelingt auch schon mal, mit dem TVG einheimische oder regionale
Lieferanten einem weit entfernten Großkonzern vorzuziehen.
Das
alles passt US-Konzernen bekanntlich gar nicht in den Kram, ebenso wenig wie
kanadischen. So steht zu befürchten, dass sie mit CETA und dann mit TTIP als
Knüppel die Stadt Dortmund zwingen, bei künftigen Aufträgen, die ab niedrigen Schwellenwerten von 175.000 €
(Bauaufträge ab 4,4 Mio €) dann auch in USA und Kanada ausgeschrieben werden
müssen, auf solche sozialen
und ökologischen Vergabemaßstäbe zu verzichten. Mit der Bevorzugung der
heimischen Wirtschaft ist es dann auch vorbei.
Aber
es kommt noch dicker. In diesem TVG steht auch der Satz: „Der Mindestlohn kann durch
Rechtsverordnung des Arbeitsministers angepasst werden.“ Nun stellt
euch vor, ein Baukonzern aus USA oder Kanada hat in Dortmund einen städtischen
Großauftrag an Land gezogen mit der Zusicherung, dass er deutsche Tariflöhne
und 8,62 €/h Mindestlohn zahlt – und kurz darauf erhöht der NRW-Arbeitsminister
den Mindestlohn auf 10 €/h, oder die Tarifparteien vereinbaren höhere Tariflöhne.
Dann kann dieser Baukonzern die Landesregierung aufgrund TTIP oder CETA vor
einem privaten Schiedsgericht verklagen auf Schadenersatz für
entgangenen Gewinn. Die wird eventuell sogar freiwillig zahlen, was er
verlangt, weil das private Schiedsverfahren sie mehr kosten würde als die
Lohndifferenz bei dem Großauftrag. Denn die Anwälte dieser Schiedsgerichte
kassieren Millionenhonorare. Und sie hätte dann wohl nichts eiligeres zu tun,
als das schöne TVG wieder zu kippen.
Vielleicht
würde der Investor aber auch die Stadt Dortmund verklagen. So oder so wären die
sozialen und ökologischen Vergabekriterien in Dortmund und allen Städten des
Landes vorbei.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen