So titelte (ohne Fragezeichen) Spiegel-Online Mitte Februar nach der Rundreise des neu gewählten griechischen Regierungschefs durch Europa. Bei dieser diplomatischen Suche nach Verbündeten in Rom, Paris und Brüssel sei Tsipras klar gemacht worden, dass Griechenland vorerst nicht auf praktische Solidarität anderer Regierungen zählen kann. In Europas Hauptstädten herrsche Angst, so Spiegel-Online wörtlich, “die mächtige Kanzlerin Merkel zu verärgern.”
Der diplomatische Misserfolg gab den Auftakt für die bis heute
anhaltende, unter "Freunden" geradezu unglaubliche Demütigung einer
demokratisch gewählten Regierung durch viele europäische Politiker, allen voran
der deutsche Finanzminister Schäuble, mit gezielter Desinformation und
schrillen Hasstiraden der weitgehend gleichgeschalteten deutschen Medien. Einen
schändlichen Tiefpunkt erreichte der ARD-Moderator Jauch mit einem alten, in
demagogisch gefälschtem Zusammenhang verwendeten Stinkefinger-Video gegen den
heutigen griechischen Finanzminister.
Worauf Berlin mit der Kampagne gegen SYRIZA abzielt, brachte
die Tageszeitung Die Welt klar und zustimmend auf den Punkt: Es gelte, “Tsipras
in die Knie zu zwingen” und die linke Regierung zu “blamieren”, um einen
Flächenbrand im Keim zu ersticken. Die großbürgerliche Frankfurter Allgemeine
äußerte sich ähnlich. Mindestens ebenso wichtig wie die Blamage der seit langem
ersten linken Regierung in Europa muss es Merkel und den deutschen
mainstream-Medien aber sein, von einer sachlichen Bewertung der desaströsen
Folgen des deutschen Spardiktats in der Eurozone abzulenken. Und das haben sie
mit der persönlichen Diffamierungskampagne voll und ganz erreicht.
Doch was in Deutschland heute noch funktioniert, wäre in den
meisten anderen europäischen Ländern schon nicht mehr möglich. In Frankreich,
Italien, Spanien und Portugal, aber auch in England beginnen die Menschen zu
verstehen, dass die gigantischen Überschüsse der deutschen Leistungsbilanz,
finanziert mit Lohn- und Sozialdumping ("Agenda 2010"), genau
spiegelbildlich die Defizite in ihren Staatshaushalten und Leistungsbilanzen
mitverursachen.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich, warum die deutsche
Kanzlerin auf einmal etwas anders mit dem lieben Herrn Tsipras umgeht als
gestern noch und als ihr Finanzminister. Merkel scheint erkannt zu haben, dass
sie nicht mehr lange "gefürchtet" bliebe in Europa, wenn Deutschland
seine Vorherrschaft weiter so brutal und arrogant zur Schau stellt. Sie ändert
die Verpackung, der Inhalt bleibt derselbe.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen