Donnerstag, 7. Juni 2012

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Rettet unsere Stadt vor den Krisenmachern

Bis jetzt konnte man so tun, als seien wir von der Wirtschaftskrise kaum betroffen, die „Konjunkturlokomotive Deutschland“ ziehe im Gegenteil Europa aus der Krise. Zwar stellt das die Verhältnisse auf den Kopf – in Wahrheit konkurriert die deutsche Wirtschaft mit Dumpinglöhnen die europäischen Nachbarn in Grund und Boden – aber jetzt ist Schluß damit: Exporte brechen weg, die Aufträge der Industrie schrumpfen, die jüngsten Tarifabschlüsse können die Einkommensverluste der letzten zehn Jahre nicht wett machen.

Krise auch in Dortmund

Sowohl die Ursachen der Krise als auch ihre Auswirkungen haben schon heute das Bild unserer Stadt deutlich verändert. Die Füllung der geplatzten Spekulationsblasen lieferte die Umverteilung der Einkommen von unten nach oben, dramatisch verschärft mit der Agenda 2010 des SPD-Kanzlers Schröder und seiner grünen Komplizen. In Dortmund hat seither die Zerlegung von Normalarbeitsplätzen in Teilzeit- und Minijobs drastisch zugenommen, ebenso die Leiharbeit. Die Zahl der „Aufstocker“ explodierte, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können und ergänzendes ALG 2 beziehen, Die Renten sind hier seit dem Jahr 2.000 um 38 € im Monat gesunken (Neurenten, Inflation noch nicht einbezogen). Die Zahl der auf Grundsicherung Angewiesenen stieg in der Stadt in nur vier Jahren um 20 %, der wachsende Niedriglohnsektor wird die Renten weiter unter die Armutsschwelle drücken.

Dasselbe Bild bei der Kinderarmut. Jedes dritte Dortmunder Kind wächst an oder unter der Armutsschwelle auf, über 21.000 in Hartz-IV-Haushalten. Die meisten von ihnen ohne bessere Aussicht, denn besonders die Jugendarbeitslosigkeit hat seit 2008 um 10 % zugenommen. Die Fallzahlen der städtischen Kinder- und Jugendhilfe schnellten hoch.

Zugleich ließen sich viele Gewerkschaftsführer und Betriebsräte auf breit angelegte Senkung der Reallöhne ein in der Hoffnung, Arbeitsplätze zu retten. Wie sich nun zeigt, schadeten sie damit nicht nur den Beschäftigten, sondern letztlich auch der Dortmunder Wirtschaft: Weil die verfügbaren Einkommen pro Kopf seit 2008 sinken, schrumpft die Kaufkraft im Dortmunder Einzelhandel (von 5.600 € pro Einwohner in 2001 auf 4.990 € 2009). Es sinken die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe (2008: 6,6 Mrd. € - 2010: 4,8 Mrd. €). Die Bruttowertschöpfung in den Dortmunder Betrieben ging von 56.000 € je Erwerbstätigen auf 54.000 € zurück. Im Gegenzug nehmen die Firmenpleiten kontinuierlich zu (2007: 350 – 2008: 398 – 2009: 403 – 2010: 445 – 2011: 482).

Wenn der Oberbürgermeister zum Zocker wird

Die Politik dreht in großer Koalition aus SPD, CDU, FDP/BL und Grünen eifrig mit an der Krisenschraube. Seit 2008, dem ersten Jahr des Bankencrash’s – dem Jahr der Lehman-Pleite, bei der auch die städtische EDG 23 Millionen verzockte – blieben die Einnahmen der Stadt aus Steuern, Abgaben und staatlichen Zuschüssen jedes Jahr um bis zu 100 Mio € hinter den Ausgaben zurück. Die Lücke summierte sich in diesen vier Jahren auf 425 Mio €. Sie mußte mit neuen Krediten geschlossen werden. Die Verschuldung der Stadt wuchs dreimal so schnell wie ihr Haushalt. Nutznießer sind dieselben Banken, die uns die Krise eingebrockt haben.

Obendrein dient das Haushaltsloch infolge Steuersenkungen für die Reichen den Regierungen im Bund, Land und im Dortmunder Rathaus als Vorwand, immer mehr öffentliche Leistungen zu kürzen und für teuer Geld an private Geschäftemacher zu verschieben. So verschärfen sie die Krise noch mehr.

Und alle zocken ungehindert weiter. Die LINKE will das ändern.
Um seinen Anteil an der Krisenzockerei zu vetuschen, griff der damalige Dortmunder OB unmittelbar vor der Kommunalwahl 2009 zu einer dreisten Lüge. Wie das Bundesverwaltungsgericht jetzt urteilte, war das ein Rechtsbruch, der die Wahl ungültig machte.

Somit ist die vom Gericht angeordnete Wiederholung der Ratswahl auch ein Ergebnis der Finanzmarktkrise. Nämlich Ergebnis der falschen Politik, mit der die Verantwortlichen auf die Krise antworten, die sie selbst mit angerichtet haben.

Nur die LINKE wehrt sich gegen die Krisenpolitik. Immer wieder stellen wir auch im Stadtrat Anträge, statt Kürzungen und Privatisierungen die Einnahmebasis der Stadt zu stärken, zu Lasten der Finanzhaie, die sogar an der Krise noch profitieren. Die große Koalition lehnt sie meistens ab. Stattdessen wird weiter gekürzt und privatisiert.

Wir appellieren an die Dortmunderinnen und Dortmunder: Wehrt euch gemeinsam mit uns dagegen.

1 Kommentar:

  1. Wer das Paradies für einen "Obstgarten" hält und die "Frucht vom Baum der Erkenntnis" für einen Apfel, wird die Ursache der "Finanzkrise" (korrekt: beginnende globale Liquiditätsfalle nach J. M. Keynes, klassisch: Armageddon) bis zum Jüngsten Tag nicht mehr verstehen:

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html

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