Die Krise als Gelegenheit zur "Schnäppchenjagd" deutscher Unternehmer
In den "Nachdenkseiten" vom heutigen Tag findet sich folgende Meldung mit sehr treffendem Kommentar eines Lesers:
37 Prozent der Deutschen befürworten es, wenn Griechenland mehr Zeit eingeräumt wird für die Umsetzung der Sparvorgaben, 54 Prozent sind dagegen (weiß nicht: 9 Prozent). Eine Lockerung der Sparvorgaben an sich lehnt mit 78 Prozent eine große Mehrheit der Befragten ab, nur 13 Prozent unterstützen dies (weiß nicht: 9 Prozent).
Quelle: Forschungsgruppe Wahlen
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Ist diese menschlich kaltherzige, sozialpolitisch verantwortungslose und ökonomisch desaströse Haltung vieler Bundesbürger angesichts der von nahezu allen deutschen Mainstreammedien verabreichten ekelhaften Mixtur aus Rechtskonservatismus, Neoliberalismus und herablassendem Nationalchauvinismus verwunderlich? Lax formuliert kann man diesen Befund wie folgt zusammenfassen: Von nix kommt nix! Siehe auch den aktuellen NachDenkSeiten-Beitrag “Der Niedergang von Moral und Verstand bei unseren Meinungsführern ist beeindruckend“.
Die von zahlreichen Medien freudig begrüßte Gelegenheit zur perfiden “Schnäppchenjagd” (so die treffende Formulierung Albrecht Müllers in dem hier verlinkten NDS-Beitrag) nach billigen südeuropäischen Facharbeitern beraubt die Krisenstaaten ausgerechnet jener Fachkräfte, die dringend für den Wiederaufbau einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft benötigt würden. Die Frage sei erlaubt: Ist dies pure Gedankenlosigkeit unserer “Eliten” oder ist diese freudig begrüßte “Schnäppchenjagd” auch von dem Wunsch getrieben, über eine ökonomische Schwächung zahlreicher europäischer Staaten und auf dem Rücken der dortigen Bevölkerungen eine dauerhafte Dominanz der deutschen (Export-)Wirtschaft zu zementieren? Hierzulande dient das Gerede vom angeblichen “Facharbeitermangel” ganz wesentlich dem Ziel, über den Zuzug von Facharbeitern aus den europäischen Krisenstaaten den Lohndruck auf die deutschen Arbeitnehmereinkommen auch in Zukunft aufrechtzuerhalten.
Die miese Stimmungsmache nahezu aller deutschen Mainstreammedien und Politiker gegen die europäischen Krisenstaaten und die dort lebenden Menschen versucht den Eindruck zu erwecken, “Deutschland” sei das finanziell geschröpfte Opfer faul in der Sonne liegender und in der Kneipe herumhängender, nichtsnutziger, korrupter und unfähiger Bevölkerungen in Griechenland, Spanien, Portugal, Ialien und Irland, neuerdings aber auch in Frankreich. Die Menschen in zahlreichen europäischen Staaten lebten dank hoher Renten und Sozialleistungen wie die Made im Speck. Die massive Mitverantwortung der hiesigen Dumpingpolitik für die Krise der Eurozone und die enormen Vorteile, die dem “Krisenprofiteur” Deutschland zumindest bis zum heutigen Tage aus dem Euro und der Krise innerhalb der Eurozone erwachsen, wird hingegen vergleichsweise sehr klein geschrieben. Bereits im Jahre 2010 kritisierte Altbundeskanzler Helmut Schmidt völlig zu Recht die “wilhelminische Großspurigkeit” in der hiesigen Europapolitik und stellte fest, es bestehe weder Bedarf nach einem “deutschen Schulmeister” noch nach einem “deutschen Oberkommandierenden” in Europa.
Quelle: http://www.nachdenkseiten.de/?p=13577#h06
Anmerkung von mir: Die 13%, die eine Lockerung des Crashkurses gegenüber Griechenland unterstützen, sind demnach in etwa die Obergrenze des heutigen linken Wähler-innenpotentials. Die Wahlschlappen der Linkspartei liegen also keineswegs nur in deren inneren Richtungs- und Machtkämpfen begründet.
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