Die Wiederholung der ungültigen Kommunalwahl von 2009 hat die Dortmunder SPD für eine Kette von Skandalen noch nachträglich mit einem zusätzlichen Ratsmandat belohnt und die LINKE dafür, dass sie die skandalösen Machenschaften aufs schärfste bekämpfte, mit empfindlichen Mandatsverlusten abgestraft, unter Missachtung unserer konstruktiven Gegenvorschläge. Dass dieser Tiefschlag mich so überraschen konnte, liegt an zwei hartnäckigen Irrtümern im linken Denken:
- Wahlerfolge verleiten uns zu glauben, unsere Wähler/-innen würden genauso ticken wie wir selbst. Skandale, schändliche Verstöße gegen unser elementares Empfinden für Menschlichkeit und Gerechtigkeit müssten alle Menschen genauso schockieren und empören wie uns und sie veranlassen, dagegen öffentlich zu protestieren, mindestens mit entsprechendem Wahlverhalten. Diese Erwartung stellte sich als falsch heraus. Es waren gerade potentiell linke Wähler/-innen, die bei der Wiederholungswahl massenhaft zu Hause blieben und mit ihrer Wahlenthaltung die LINKE schwächten. Das hängt mit einem weiteren Fehler im linken Denken zusammen:
- Linke neigen zu der Illusion, die aktive Gestaltung des Gemeinwesens durch Gebrauch der demokratischen Rechte, z.B. des Wahlrechts, sei für die breite Masse genauso wichtig wie für die Linke.
Auch das erwies sich als Irrtum. Die Masse weiß instinktiv aus Erfahrung: Die parlamentarische Demokratie ist eine Herrschaftsform des Bürgertums, die funktioniert auf der Basis von Geld und Bildungsprivilegien, zu denen die Mehrheit keinen Zutritt hat. Weshalb sollte man sich für einen Staat einsetzen, ob demokratisch oder nicht, der von sozialer Gerechtigkeit so weit entfernt ist wie die Vortragshonorare des SPD-Kanzlerkandidaten vom Regelsatz seiner Hartz-IV-Opfer? Für einen Staat, der Banken saniert und Hedgefonds mästet, indem er Millionen Bürger in Armut stößt? Dieser Masseninstinkt äußert sich darin, dass nur zu Katastrophenzeiten, wenn gründliche Veränderungen der Machtverhältnisse in Aussicht stehen, breite Massen in politische Bewegung geraten, während heute, solange das „business as usual“ noch funktioniert, nicht viel mehr als die bürgerliche Klasse allein Politik macht. Danach ist die Politik denn auch, egal ob schwarz-gelb oder von SPD und Grünen verantwortet.
Für Linke gibt es aus diesen beiden Irrtümern nur einen Ausweg: Hüten müssen wir uns davor, in einem elitär um sich selbst rotierenden Politikbetrieb aufzugehen, der uns von den Lebenserfahrungen der Menschen „draußen“ abhebt. Das ist die Lehre, die ich aus 2012 mitnehme, und sie gilt nicht nur für Dortmund.
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