Mittwoch, 25. November 2015

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Offener Brief an den Chef der Wirtschaftsförderung Dortmund


Sehr geehrter Herr Westphal,

den Wirtschaftsplan 2016 der WF-DO kann ich nur eine Provokation gegenüber dem Rat nennen.
Selten offenbart sich die Mitschuld der Stadtverwaltung an der Armut in Dortmund so deutlich wie in diesem Plan. Dortmund hat eine der höchsten Armutsquoten unter den deutschen Großstädten, seit Jahr und Tag um die 17.000 Langzeitarbeitslose und verlor im „Strukturwandel“ 22.000 Helferstellen…
…und Ihr Wirtschaftsplan weigert sich, einem geltenden Ratsbeschluss Folge zu leisten, der Ihnen einen Zuschuss für Langzeitarbeitslose bei der Caritas auferlegt. Das allein ist schon skandalös. Doch der Hammer ist Ihre Begründung dafür.

Sie behaupten allen Ernstes, Aufgabe der WF-DO sei nicht, konkrete Arbeitsverhältnisse zu finanzieren, sondern nur mir der Erstellung von Modellen, Konzepten, Aufbau von Netzwerken, Arbeitsmarktkonferenzen u.ä. - ich sag's mal mit meinen Worten: - die Unternehmer bei Laune zu halten.

Da zieht sich eine direkte Linie vom ehemaligen JUSO-Vorsitzenden Westphal über den ehemaligen Ministerpräsidenten-NRW Rüttgers, der meinte "Privat geht vor Staat," bis zum ehemaligen FDP-Wirtschaftsminister Rexrodt, der meinte "Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht."

Ihre Behauptung widerspricht Ihrer bisherigen Praxis. An anderen Stellen fördern Sie konkrete Arbeitsverhältnisse sehr wohl auch finanziell:
- z.B. durch kommunale Eigenanteile an ESF-Programmen,
- z.B. über Mietsubventionen für Räume und Geschäftsausstattung in den Technologiezentren,
- oder im Gründerinnenzentrum der Nordstadt.

Bis jetzt konnten wir glauben, mit Ihnen hätten wir endlich einen Verbündeten in unserem langen Kampf für die kommunale Beschäftigungsförderung gefunden. Im Mai letzten Jahres stimmten wir dem Konzept "Neue Arbeit und Ökonomie vor Ort" vor allem deshalb zu, weil es zum erstenmal den Plan für einen Integrationsarbeitsmarkt enthielt, und ein solcher wird ohne direkte städtische Eigenmittel keinen einzigen Arbeitsplatz schaffen.

Nur bei diesem CARITAS-Projekt behaupten Sie nun das Gegenteil. Das lassen wir nicht durchgehen. Dortmund braucht Arbeitsplätze, auch öffentlich geförderte. Eine Wirtschaftsförderung als stadteigenen Partyservice für Unternehmerfrühstücke braucht Dortmund nicht. Dafür sind uns 11 Mio € Haushaltsmittel zu schade.

Wenn Sie meinen, Beschäftigungsfinanzierung gehöre nicht zur WF-DO oder sei wo anders besser zu leisten - etwa im Sozialdezernat - dann sollten Sie diesen Bereich abgeben, aber einschließlich des dazugehörigen Budgets und der Mitarbeiter.

Diesen Wirtschaftsplan können wir jedenfalls nur zurückweisen.
Mit freundlichem Gruß
Wolf Stammnitz

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