Freitag, 4. Mai 2018

Peinliche Fakten für linke EURO-Verteidiger.

In einer recht gründlichen Recherche, vor wenigen Tagen auf der Internet-Plattform "Makroskop" erschienen, haben Bill Mitchell und Thomas Fazi nachgewiesen, dass all die Horrorwarnungen auch vieler Linker vor dem "Brexit" in die Irre führen, in neoliberalen Denkschablonen befangen sind und de facto von den Tatsachen widerlegt werden.

Angeblich sollte schon binnen zwei Jahren nach dem Leave-Votum die englische Wirtschaft zwischen 3,6 und 6 Prozent einbrechen und die Arbeitslosigkeit um bis zu 820.000 ansteigen. Tatsächlich ist das Gegenteil eingetreten: Ende 2017 lag das britische BIP um 3,2 Prozent über dem Niveau zum Zeitpunkt der Brexit-Abstimmung, die Zahl der Arbeitslosen ging von Juni 2016 bis Januar 2018 um 187.000 zurück, die Arbeitslosenquote sank von 4,9 Prozent auf 4,3 Prozent und die Zahl derjenigen, die weder arbeiten noch einen Job suchen, ist auf den niedrigsten Wert seit fast fünfeinhalb Jahren gesunken.

Besonders peinlich für die Schwarzmaler sind die Daten über die Entwicklung der britischen Industrie in den letzten zwei Jahren: Trotz der Unsicherheit durch die Verhandlungen mit der EU „verzeichnet das verarbeitende Gewerbe das stärkste Wachstum seit Ende der 90er Jahre", so The Economist und der britische Industrieverband EEF. Der GUARDIAN schrieb: „Das Brexit-Armageddon war eine schreckliche Vision - aber es ist einfach nicht eingetreten.“

Eine Studie des Centre for Business Research der Universität Cambridge (CBR) kommt zu dem Schluss: „Die wirtschaftlichen Aussichten sind eher grau als schwarz, und das wäre unserer Meinung nach mit oder ohne Brexit der Fall. Der Grund dafür ist vielmehr die Fortsetzung des langsamen Produktions- und Produktivitätswachstums, das Großbritannien und andere westliche Volkswirtschaften seit der Bankenkrise geprägt hat. Das langsame Wachstum der Bankkredite, verschärft durch die Sparmaßnahmen des öffentlichen Sektors, verhindern ein Wachstum der Gesamtnachfrage über das Schneckentempo hinaus."

Noch bedenklicher ist eine weitere neue Studie der Uni Cambridge. Danach wuchs das Pro-Kopf-BIP nach dem EU-Beitritt Großbritanniens (1973) deutlich langsamer als vor dem Beitritt. Die viel gepriesene Errichtung des Binnenmarktes im Jahr 1992 habe nichts verbessert – weder für das Vereinigte Königreich noch für die EU insgesamt.
Gleiches gilt für den Anteil der britischen Ausfuhren in die EU und EWU, der seit der Schaffung des Binnenmarkts stagniert und seit Anfang der 2000er Jahre rückläufig ist (Rückkehr auf das Niveau Mitte der 1970er Jahre).

Wobei die Exportmärkte außerhalb der EU wesentlich schneller wachsen als die der EU und der Eurozone. Zahlen des IWF ergeben: Während die weltweiten Exporte sich seit 1991 verfünffacht haben und die Exporte aller Industrieländer um das 3,91-fache zulegten, stiegen die Exporte der EU nur um das 3,7-fache und die der EWU nur um das 3,4-fache.
Mitchell und Fazi kommentieren: "Wir schaudern vor der Vorstellung, was zukünftige Historiker von solchen Verirrungen wie der Kampagne für den Binnenmarkt halten werden (die auch von Yanis Varoufakis unterstützt wird), wenn selbst Mainstream-Ökonomen wie Dani Rodrik ausdrücklich sagen, dass die Handelsliberalisierung 'mehr Probleme verursacht, als sie löst'."

Da muss man sich fragen, warum und wie auch unter Linken die Meinung Fuß fassen konnte, die "Globalisierung" lasse uns keine andere Wahl, als auf nationale Wirtschaftsstrategien zu verzichten und stattdessen auf transnationale oder supranationale Institutionen zu hoffen.
(Worauf dieser Irrtum beruht, soll ein weiterer Beitrag erklären.)

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