Montag, 25. April 2016

Anstatt einer „Strategie“ nur Symbolpolitik


Stellungnahme zur „Kommunalen Arbeitsmarkt-Strategie 2020“

Es ist ein Skandal, dass ein ehemals führendes Industriezentrum wie Dortmund heute in einem reichen Land zum Armenhaus werden musste. Diese gesellschaftliche Fehlentwicklung verdanken wir nicht  nur der Marktwirtschaft, sondern auch einer Wirtschaftspolitik, die jahrzehntelang einen Strukturwandel forcierte und noch forciert, von dem vor allem Hochqualifizierte profitieren, während die Masse der Un- und Angelernten beim Sozialamt und der ARGE Schlange stehen.

Als OB Sierau im Dezember 2012 die Kommunale Arbeitsmarktstrategie 2015 vorlegte, sahen wir in ihr keine Wunderwaffe gegen die Armut. Wir verteidigten sie dennoch gegen die Ratsmehrheit, weil sie einen Wendepunkt, eine gewisse Kurskorrektur markierte: Nach zehn Langemeyer-Jahren, in denen die Stadtverwaltung sich aus der aktiven Beschäftigungspolitik ganz verabschiedet hatte, schien die neue Verwaltungsspitze sich jetzt wieder zu ihrer beschäftigungspolitischen Verantwortung zu bekennen. Den Mehrheitsfraktionen im Rat war dieser strategische Schwenk von Anfang an suspekt: CDU und FDP lehnten ihn ganz ab, SPD und Grüne stimmten ihm nur mit erheblichen Kürzungen an Sieraus Plänen zu.

Wie uns heute die vorliegende Schlussbilanz zeigt, hat die KAS 2015 zwar einige nützliche Projekte in Gang gebracht wie etwa die Stadtteilmütter, die Quartierskümmerer und den Ausbau der Schulsozialarbeit; auch die Umleitung eingesparter Kosten der Unterkunft zur Finanzierung zusätzlicher FAV-Stellen geht in die richtige Richtung. – Aber insgesamt blieb ihr Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit fast lächerlich gering. Das prahlerisch verkündete Ziel, die AL-Quote unter 10 % zu senken, wurde nicht annähernd erreicht. Das war auch völlig unrealistisch. Es hätte einen Abbau der AL-Zahl um bis zu 7.500 erfordert – tatsächlich jedoch lag die Arbeitslosigkeit Ende 2015 sogar noch um 400 höher als beim Projektstart. Und nicht mehr als 350 bis 400 Arbeitslose kamen in den Projekten der KAS unter – die meisten auch nur befristet auf maximal zwei Jahre – das sind weniger als 4 % aller in diesen Jahren neu entstandenen Arbeitsplätze in Dortmund. Weniger als 4 % - mit anderen Worten: Von über 10.000 neuen Jobs gehen noch nicht einmal 400 auf das Konto der städtischen Beschäftigungsförderung. Da war Langemeyers „Dortmund-Project“ – bei allen Fehlern, die es hatte – deutlich erfolgreicher. (Weil es ausschließlich die Marktkräfte in Hitech-branchen unterstützte.)

Statt großspurig von einer neuen „Strategie“ sollten wir also eher von Symbolpolitik sprechen.
Dennoch bleibt es das Verdienst dieser Symbolpolitik, dass Vokabeln wie „öffentliche Beschäftigungsförderung“, „sozialer Arbeitsmarkt“, „einfache Arbeit“ überhaupt wieder von der Dortmunder Politik in den Mund genommen wurden. Das macht uns Hoffnung, dass auch hier die Ideologie der ängstlichen, engstirnigen, antisozialen Marktgläubigkeit ihren Höhepunkt überschritten hat und eines Tages überwunden werden kann.

Zu bemängeln ist am neuen Konzept der KAS 2020, dass es die Symbolpolitik sozusagen noch auf die Spitze treibt, indem sie den vier „Bausteinen“ vorerst rein propagandistischen Wert zuschreibt und keinerlei Andeutungen über neue konkrete Projekte macht.

Dem reinen Bekenntnis kann wohl auch die Ratsmehrheit zustimmen. Wir jedenfalls stimmen ihm zu und erwarten voller Ungeduld die Konkretisierung. Dabei verlangen wir konkret mehr als die bisherige Symbolpolitik. Wir werden vor allem darauf dringen, dass Langzeitarbeitslose mehr brauchen, als eine weitere Warteschleife von maximal zwei Jahren – was sie brauchen ist eine sozial sinnvolle Arbeitsperspektive auf Dauer.

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