Dienstag, 6. Oktober 2015

Aktiv werden für ein Europa der Menschen und nicht der Banken


Roter Freitag 16.10.2015, 18 Uhr, Schwanenstr.30, Dortmund – Einführung

Im Zusammenhang mit der Erpressung Griechenlands durch EU, EZB und IWF ist vielen Menschen bewußt geworden:
Es geht um viel mehr als angeblich „faule Griechen“, die angeblich „ihre Schulden nicht bezahlen wollen“. Vielmehr sehen wir uns der tiefsten Existenzkrise der Europäischen Union gegenüber.
Auch in den großen Ländern Europas stellen die Menschen fest:
Die EU-Bürokratie greift immer brutaler in unser Leben ein und droht es auf allen Ebenen zu beschneiden, von der Familie und unseren Versorgungseinrichtungen über Produktion und Dienstleistungen bis zu Kommunalverwaltungen und Parlamenten.
Der Streit um die griechischen Staatsschulden hat auch manche Ökonomen erkennen lassen:
Die Währungsunion war von Anfang an eine Fehlkonstruktion, die auf Dauer so nicht funktionieren kann und so nicht mehr lange existieren wird.
Das Scheitern des Euro droht aber die ganze EU und damit die europäische Integration insgesamt zu zerreißen. Eine Union, in der die Stärksten ihre Überschüsse in die schwächeren Länder exportieren, diese aber mit ihren Importschulden allein fertig werden sollen, wird über kurz oder etwas länger an diesem Widerspruch zerbrechen.

Wie wollen wir auf diese Existenzkrise der EU reagieren? Dazu werfen wir zunächst einen Blick auf die aktuellen Strategien der Linken in und mit der Europäischen Union. Sie bewegen sich grob umrissen zwischen drei Positionen:
- einem mehr oder weniger zögernden "Ja-aber", verbunden mit Bemühungen, die EU-Strukturen und Verfahren durch konstruktive Mitarbeit von innen heraus zu demokratisieren und sozial weiter zu entwickeln,
- Aufrufen zu einem "Kurswechsel der EU-Politik", bis hin zu plakativen Sprechblasen wie "Europa neu begründen",
- dem radikalen Bruch mit dem Euro und gar der EU-Mitgliedschaft (Exit-Strategien).

Das Europawahlprogramm der deutschen LINKEN von 2014 versuchte die ersten beiden Positionen miteinander zu verbinden.
Darin steht z.B.:
„Wir wollen einen Politikwechsel, damit die EU nicht vornehmlich Eliten an Reichtum und Macht ein Zuhause bietet, sondern sich solidarisch für alle entwickelt.“ – „Wir wollen die EU-Institutionen demokratisieren und kontrollieren und den Kurs der europäischen Kommission und des Europäischen Rates so verändern, dass…“ – „Die Alternative ist nicht der Rückzug aus der Union, sondern der Kampf um ihre Veränderung.“ – „Die Wahlen zum Europäischen Parlament wollen wir deshalb zu einem Signal für einen Kurswechsel in der EU werden lassen.“
Darin heißt es aber auch:
„Eine solche EU ist auf der Grundlage der bestehenden Verträge nicht entwickelbar. Sie müssen dringend grundlegend erneuert werden… Die EU muss neu begründet werden.“ (Ende der Zitate)

Unbestreitbar enthält das Programm der LINKEN zu Europa viele richtige Forderungen.
Doch kritisiert wird an ihnen, dass sie folgenlos bleiben, solange nicht benannt wird, wer mit welchen Mitteln die Änderung der EU-Strukturen und -Politik erzwingen kann.
Kritisiert wird, dass hierzu das Europäische Parlament gar nicht fähig wäre – ja, dass die EU im scharfen Gegensatz zur linken Programmrhetorik sogar von Jahr zu Jahr immer noch undemokratischer, noch marktradikaler und unsozialer wird.
Namhafte linke Ökonomen kritisieren: So wie die Funktionsweise der EU und der Währungsunion nicht willkürlich durch politische Gremien erfunden wurde, sondern aus objektiven materiellen Zwängen der Kapitalverwertung folgt – die sich ungleichmäßig in den miteinander konkurrierenden Kapitalblöcken und Volkswirtschaften entwickelt – so kann sie daher auch nicht einfach per Mehrheitsbeschluss im Parlament verändert werden, ohne ihre materielle wirtschaftliche Basis grundlegend umzuwälzen.
Solcherlei Kritik scheint mir im Kern einleuchtend und dringend geboten.

Auf berechtigte Einwände trifft aber auch der radikale, bedingungslose Bruch mit dem Euro oder gar mit der ganzen EU, wie manche Linke ihn jetzt fordern. Und zwar nicht nur auf ökonomische Einwände.
Konsens sollte doch unter Linken sein, dass wir das egoistische Gegeneinander der Nationen in Europa überwinden wollen. Im Angesicht der europäischen Mitverantwortung für 50 Millionen Flüchtlinge weltweit, zur Flucht getrieben durch den globalen Kapitalismus, wäre es barbarischer Wahnsinn, die europäische Staatengemeinschaft ersatzlos wieder in ihre nationalistischen Einzelteile aufzulösen und die Staaten mit ihren Flüchtlingsproblemen allein zu lassen. Das wäre Wasser auf die Mühlen von Chauvinisten und faschistischen Hetzern.

Wir brauchen also nicht „keine Union“, sondern eine andere Union. Eine Union der Menschen und nicht der Banken.

Und wir brauchen einen realistischen, gangbaren Weg dahin. Mir scheint, ihren Weg zu ihrer Union finden die europäischen Völker nur gemeinsam – und nur in scharfer Konfrontation gegen die derzeitigen Institutionen der EU-Machthaber.
– Was wir an die Stelle des eigentlich schon gescheiterten Euro setzen wollen, ist dabei nur eine der noch zu klärenden Fragen.

Dafür können wir heute natürlich keine Patentlösung aus dem Hut zaubern. Unsere Veranstaltung hat ihr Ziel kürzer gesteckt:
Wir wollen eine Voraussetzung für diesen Klärungsprozess schaffen, wir wollen beraten, wie wir Linken in Deutschland und den anderen Teilen Europas die Menschen dazu bewegen können, den Herrschenden der EU zu erklären:
Wir lassen uns nicht länger von euch kaputt sparen, wir sagen NEIN zu eurem Lohndumping und  Sozialabbau – in ganz Europa sagen wir „OXI“ zu euren Austeritätsdiktaten.

Unser Referent Alban Werner hat dazu einen bedenkenswerten Vorschlag veröffentlicht. Den soll er uns heute erläutern und mit uns diskutieren.

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