- ob der Durchmarsch rechtspopulistischer bis faschistoider
Parteien in die Regierungen europäischer Staaten jetzt auch vor Deutschland
nicht mehr haltmacht,
- ob und mit welcher Strategie die Herrschenden verhindern
können, dass ihr EU-Projekt ihnen am - von ihnen selbst mit erzeugten -
Migrationsproblem um die Ohren fliegt,
- wie das deutsche Kapital seine ökonomische Übermacht in
Europa mithilfe der EU politisch weiter absichern kann, denn nur sie ermöglicht
ihm, in der Weltliga mitzuspielen.
Seehofers plumpe Klamotte wirft also ein Schlaglicht auf
zentrale strategische Entscheidungen darüber, wie es mit Deutschland und Europa
weitergeht. Im Schnittpunkt der sich überlagernden Konfliktfelder steht die
Frage, wie die europäische Zentralmacht Deutschland künftig mit ihren
Bündnispartnern (und zugleich Konkurrenten) umspringen will und kann. Genau
dies ist der Kern des Streits zwischen Seehofer u.co gegen die Mehrheit der CDU.
Und dieser Streit hat inzwischen alle relevanten gesellschaftlichen Akteure
aufgescheucht, von der SPD bis zur Linkspartei, von den Unternehmerverbänden
bis zu Kirchenkreisen. Hat Deutschland die Macht, den Anderen weiterhin
Richtung und Inhalte der europäischen Integration via Brüssel vorzuschreiben –
oder muss es nun auch, nolens-volens, auf den Kurs nationalistischer
Abschottung und des unverhüllten Kampfs Aller-gegen-Alle umschwenken? Wobei die
spärlichen Reste internationaler Kooperation und Kohäsion vollends auf der
Strecke blieben.
Für die Linke geht dieser Streit um Kernfragen ihres
Selbstverständnisses. Entsprechend heftig wird er in der Linkspartei geführt.
Er bietet aber auch eine breitere Basis für die Sammlung aller
gesellschaftlichen Kräfte links von Merkel-Nahles/Scholz, die nicht bereit
sind, auf den Seehoferkurs einzuschwenken.
Es wäre fatal, wenn die LINKE diese Chance nicht nutzen
würde. Für mich ist das ein entscheidendes Motiv, die Bemühungen von Sahra
Wagenknecht, Oskar Lafontaine u.a. zur Bildung einer „linken Sammlungsbewegung“
zu unterstützen.
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