Donnerstag, 24. November 2016

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Ratsfraktion DIELINKE&Piraten beantragt Umbau der Wirtschaftsförderung zur Beschäftigungsförderung

"Kein Blatt Papier" passt zwischen Stadtspitze und Wirtschaftslobby (IHK), brüstet sich der sozialdemokratische (!) Oberbürgermeister Sierau. Kein Wunder, denn der Genosse liest den Bossen alle Wünsche von den Augen ab, bevor sie sie ausgesprochen haben. 12 Millionen € verbrennt die Stadt jedes Jahr für "Wirtschaftsförderung", doch von den 5.850 sozialversicherten Beschäftigungen, die im vorigen Jahr in Dortmund neu entstanden, gingen maximal bis zu 475 auf kommunale Projekte zurück. Die Hauptmasse verdanken wir schlicht und einfach der noch anhaltenden Exportkonjunktur, von der auch manche Dortmunder Unternehmen satt profitieren.

Wenn die Wirtschaftsförderung in ihrem Wirtschaftsplan für 2017 prahlt: "Dortmund ist eine attraktive Stadt, in der es sich gut leben lässt," dann müsste sie wahrheitsgemäß hinzu fügen: „...sofern man Arbeit hat und der Lohn zum guten Leben reicht!“ Mindestens jede-r vierte Dortmunder-in kann das von sich nicht behaupten. Jedes dritte Dortmunder Kind lebt in einem Hartz-IV-Haushalt.

Schon vor zweieinhalb Jahren ahnte die Stadtspitze – und gab damit dem jahrelangen Druck der LINKEN-Ratsfraktion endlich Recht: "Notwendig ist ein kommunal gesteuerter, öffentlich geförderter Arbeitsmarkt zur Integration von Langzeitarbeitslosen." Doch darum soll sich kümmern, wer will - getan hat sich seither null (außer Appellen an die Bundesregierung, die auf dem Ohr absolut taub ist). Beschäftigungspolitik? Kein Thema für die Wirtschaft und folglich auch nicht für die Wirtschaftsförderung: Wenn diese von ihren "Kunden" spricht, wie jetzt bei einer Kundenbefragung durch das FORSA-Institut, interessiert ausschließlich die Zufriedenheit der Unternehmer, die Beschäftigten zählt sie nicht zu ihren Kunden, von Arbeitsuchenden gar nicht zu reden. Nach deren Zufriedenheit mit der Wirtschaftsförderung wurde also nicht gefragt.

Damit das Geld der Bürger nicht immer weiter zum Fenster rausgeworfen wird, stellt die Fraktion LINKE-Piraten im Stadtrat jetzt einen Antrag für den städtischen Haushaltsplan 2017:

„Beschäftigungsförderung

1.    Der städtische Zuschuss an die Wirtschaftsförderung Dortmund wird auf 6 Millionen €  reduziert. Mit den freiwerdenden Haushaltsmitteln wird im Rahmen der „Kommunalen  Arbeitsmarktstrategie 2020" die Schaffung von sozialversicherungspflichtiger, tariflich  entlohnter Einfacharbeit in geeigneten Projekten von Beschäftigungsträgern gefördert.

2.    Der Rat beauftragt die Verwaltung, zeitnah ein Konzept zum grundlegenden Umbau der  Wirtschaftsförderung Dortmund in eine „Beschäftigungsförderung für solidarisch organisierte  Arbeit“ auszuarbeiten und dem Rat zur Beschlussfassung vorzulegen.

Begründung: Wie die Fachwelt und die Dortmunder Wirtschaftsförderung selbst erkannt haben, besteht ein dringender Bedarf an HelferInnen-Arbeitsplätzen, um die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit in Dortmund nachhaltig zu  senken. Wie aber der Wirtschaftsplan 2017 der städtischen Wirtschaftsförderung erneut mit Zahlen belegt, steht die  Beschäftigungswirkung der Wirtschaftsförderung in keinem vertretbaren Verhältnis zur  dramatischen Schieflage am Dortmunder Arbeitsmarkt und auch nicht zum jährlichen Aufwand.  Besonders ist zu kritisieren, dass die Verwaltung den Aufbau eines  Integrationsarbeitsmarktes für Langzeitarbeitslose ausschließlich vom Ausgang des Streits in der Bundesregierung über die Finanzierung eines Arbeitsmarktfonds abhängig macht, statt auch im Budget der eigenen Wirtschaftsförderung Mittel dafür freizustellen. Insbesondere die Gründungsförderung und die Standortkommunikation betätigen sich auf Feldern, die nur minimal zur Senkung der Langzeitarbeitslosigkeit beitragen und bei den Kammern, Wirtschaftsverbänden sowie kommerziellen Agenturen besser aufgehoben sind als in der öffentlichen Verwaltung.

Ohnehin stehen die Dortmunder Beschäftigungsträger nach dem Auslaufen des  Arbeitsmarktinstruments „Bürgerarbeit" zusätzlich vor dem Problem, die entstandenen Lücken  personell und finanziell zu schließen. Dazu bedürfen sie verstärkter Förderung durch die Stadt.

Im Verhältnis zu diesen Herausforderungen setzt die Wirtschaftsförderung mit den oben  genannten Aktivitäten arbeitsmarkt- und sozialpolitisch einen falschen Schwerpunkt. Dieser ist zu korrigieren. Der Wirtschaftsplan der Wirtschaftsförderung ist entsprechend zu ändern. Die Verwaltung  wird verpflichtet, in Abstimmung mit Dortmunder Beschäftigungsträgern ein Konzept zur  Ausweitung der kommunalen Beschäftigungsförderung, mit dem Schwerpunkt auf Einfacharbeit, zu  sozialverträglichen Bedingungen, zeitnah aufzustellen und dem Rat zur Beschlussfassung  vorzulegen.“

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