Dienstag, 20. Dezember 2011

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Das Dortmunder „U“ wird mit Geld beheizt

Die Linken im Dortmunder Stadtrat vertreten seit 2003, dass der Umbau eines maroden Hochkellers einer Großbrauerei zum Museum und gar zum „Kreativzentrum“ keine sinnvolle öffentliche Aufgabe ist. Schon damals drängte sich uns der Verdacht auf, dass hier der Eigennutz eines Großkonzerns sich mit dem politischen Größenwahn einer bestimmten Art Wirtschaftsförderung paarte:

Die Brauerei wollte die denkmalgeschützte Ruine nicht sanieren müssen, sondern billig los werden. Nachdem ihr ein Investor für die Sanierung abgesprungen war, weil ihm das wirtschaftliche Risiko unkalkulierbar erschien, verschenkte sie den Klotz für 1 € an die Stadt.

Dass die Stadtspitze an Größenwahn litt, wird auch an den anderen Großprojekten der zehn Langemeyer-Jahre deutlich. Man leistete sich ein Konzerthaus, das wir mit jährlich an die 5 Mio € subventionieren. Auf dem Hauptbahnhof sollte ein monströses „UFO“ landen, an dem haben sich dann zwei der größten Immobilienentwickler Europas verhoben. Dann mußte Dortmunds Verkehrslandeplatz in die Weltliga des Massenflugtourismus aufsteigen, das Ergebnis ist ein Faß ohne Boden, in dem mögliche städtische Einnahmen um die 20 Mio € jährlich verbrannt werden. Zeitgleich gönnte man sich noch einen See, von dem es stolz heißt, er sei größer als die Hamburger Binnenalster. Geschätzte Folgekosten jährlich 5 Mio €. Und nun dies mit über 80 Mio € vergoldete Mahnmal des Größenwahns. Es wird den Stadthaushalt jährlich mehr als 10 Mio € kosten.

Tatsächlich wurde das „Dortmunder U“ zum Wahrzeichen – im genauen Wortsinn: Es bezeichnet die Wahrheit. Eine Wahrheit, die der international hoch geachtete, kürzlich verstorbene Soziologe Hartmut Häußermann die „Festivalisierung“ der Stadt nannte. Damit meinte er eine Stadtpolitik, die von einem Groß-Event zum nächsten hechelt, weil sie nur noch auf den „Standortwettbewerb“ setzt, das heißt auf Konkurrenz der Städte um Investoren, auf das gegenseitige Überbieten mit „Alleinstellungsmerkmalen“. Aber die Wohnsiedlungen liefert diese Politik an globale Finanzhaie aus.

Vergleicht man die explodierenden Folgekosten des U-Turms mit dem Jahresbudget des „Aktionsplans Soziale Stadt“, so erkennt man, dass das U für eine elitäre Politik steht. Elitär in dreifacher Hinsicht. Einmal im Verhältnis zur sozialen Verantwortung in den benachteiligten Stadträumen. Dann bedient diese „Leuchtturm“politik einseitig das Bildungsbürgertum und die „Besserverdienenden“. Drittens ist es eine elitäre Frechheit, „Kreativität“ nur solchen Berufsgruppen und Einrichtungen zuzuschreiben, die mit Hochkultur, Film und neuen Medien umgehen. Und selbst von denen kam nur eine Handvoll mit den besten Beziehungen in den Kulturpalast, während den übrigen kulturellen Aktivitäten der Stadt, dem Breitensport usw. die Mittel gekürzt werden, um den U-Turm finanzieren zu können.

Wir sind also keine Kulturbanausen, wenn wir den Größenwahn einer Möchtegern-„Metropole“ bekämpfen, sondern wir setzen dagegen die Förderung der Breitenkultur.

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