Da die Politik in Europa den Karren wieder mal in den Graben gefahren hat und nicht mehr herausfindet, möchte sie die Regierungsverantwortung gern an „unpolitische Fachleute“ abgeben. In Griechenland wird gerade ein Brandstifter als Feuerwehr bestellt, wenn dort die herrschende Klasse, ohne das Volk zu fragen, ausgerechnet einen Banker zum Chef der Übergangsregierung ernennt, der als „Architekt des griechischen Eurobeitritts“ gilt. In Italien wird es nach Berlusconis Rücktritt wohl ähnlich laufen.
Mag schon sein, dass die Verursacher der Finanzkrise von ihr mehr verstehen als eine gelernte Physikerin namens Merkel. Wenn’s brennt, kennt der europäische Geldadel wie schon Kaiser Wilhelm II. „keine Parteien mehr,“ sondern setzt lieber auf Brandexperten aus den eigenen Reihen.
„Postdemokratische Zustände in Europa“, so kennzeichnete der Politologe René Lenz in Anlehnung an Colin Crouch die Entwicklung (Neues Deutschland 5./6.11.11). Seine realistische Zustandsbeschreibung lässt nicht erkennen, ob er je etwas von Lenins Analysen des Staatswesens und des Imperialismus gehört oder gelesen hat. Dann wüßte er, dass die von ihm so genannte „Nouvelle Noblesse“, der „neue Geldadel“ so neu nicht ist. Und dass die demokratische Herrschaftsform dieses Geldadels, der Parlamentarismus den von ihm auch so genannten „Souverän, das Volk“ immer nur in dem Maß beteiligte, wie eine starke Arbeiterbewegung sich selbst dazu ermächtigte. Deren ruinierte, ausgehöhlte, neoliberal verformte Reste müssen auch heute erst niedergeknüppelt werden, um das Geschäft der Verelendung Europas an die „Expertokratie“ zu übertragen. Siehe Griechenland.
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