Ein beachtliches Bündnis sozialer Verbände, unterstützt von
linken und nach links blinzelnden Parteien, ruft "europaweit" (?) zu
Demonstrationen kurz vor den Wahlen zum EU-Parlament auf: "Für die Zukunft
Europas, gegen Nationalismus!" Anlass und Begründung des Aufrufs ist die
Sorge, nach der Wahl könnten Nationalisten und Rechtsextreme mit weit mehr
Abgeordneten als bisher ins Europaparlament einziehen und “das Ende der EU
einläuten“.
Ob so ein Wahlergebnis wahrscheinlicher ist, als dass die EU
sich in Kürze selbst zu Ende bringt, soll hier nicht erörtert werden -
unterstellt wird damit jedoch unausgesprochen, die Wähler*innen hätten nur die
Wahl zwischen Nationalismus-Rechtsextremismus einerseits oder der EU
andrerseits. Bei bestem Willen kann dies behauptete Entweder-Oder nur das Ende
beschleunigen, das man verhindern will.
Das Europa, das da gegen die Rechten geschützt werden soll,
deckt sich dem Aufruf zufolge restlos und nahtlos mit der Europäischen Union.
Und weil Nationalismus schlecht ist, muss die EU wohl gut sein, jedenfalls
bleibt sie von jeglicher Kritik verschont. Kein Wort zu den antisozialen und
antidemokratischen Diktaten der Troika, kein Wort zu den Kahlschlägen nach dem
Maastricht-Vertrag und zum Fiskalpakt der "schwarzen Nullen", kein
Wort gegen die Bankenrettung zu Lasten der Bevölkerungen, kein Wort gegen das
katastrophale ökonomische Übergewicht Deutschlands durch seine Dumpinglöhne im
EURO-System, kein Wort gegen das Aufrüstungsprogramm der EU, kein Wort gegen
das Aushebeln demokratischer Verfahren durch Machtsprüche von Ministerrunden
usw.
Es gäbe also mehr als genug Gründe, gegen diese EU zu
stimmen und ihr "Ende einzuläuten", ohne damit auf den nationalistischen
oder gar rechtsextremen Leim zu gehen. Wer jede Alternative zur EU als
nationalistisch diffamiert, unterschlägt nicht nur die vielen guten, nicht nationalistischen Gründe zur
Verteidigung staatlicher Souveränität, Sozialgesetzlichkeit und Demokratie -
sondern verschafft obendrein den rechten EU-Gegnern ungewollt ein
Alleinstellungsmerkmal: Wenn Ablehnung dieser EU nur rechts sein kann, werden
die Rechten zur ersten Adresse für EU-Kritik aufgewertet.
Das ist natürlich genau das Bild, das die Rechten sich
wünschen und das ihnen Stimmen bringt. Es lenkt ab von den Machenschaften der
Regierungen, die selbst immer mehr Menschen den Rechten in die Arme treiben. Es
lenkt ab davon, dass die Gefahr des Rechtsrucks in der EU viel mehr von der
neoliberalen Politik der Herrschenden ausgeht als vom EU-Parlament. Es trifft
schon genau zu, was attac Österreich erklärte (anders als attac Deutschland,
die den Aufruf mitträgt): "Die EU
ist ein idealer Nährboden für die extreme Rechte. Die jahrelange neoliberale
EU-Politik hat zu einem Anstieg an Arbeitslosigkeit, Armut, Unsicherheit und
Zukunftsängsten geführt. Die Rechten nutzen diese Verunsicherung und diese
Ängste."
"Ein Europa für Alle" soll die EU sein? Nein,
diese unkorrigierbar neoliberale EU ist Gegnerin "aller" Europäer*innen.
Wer Europa gemeinsam mit Parteien verteidigt, die den Neoliberalismus im
EU-Format zu verantworten haben, bekommt ein neoliberales Europa. Das darf
nicht "Europas Zukunft" werden!
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