„Kann es aus Ihrer Sicht gelingen, die Langzeitarbeitslosigkeit in den nächsten fünf Jahren spürbar zu reduzieren?“ fragte am vergangenen Montag der oberste Dortmunder Wirtschaftsförderer 180 geladene Experten aus Politik, Verwaltungen, Verbänden und Unternehmen. Und ließ sie darüber elektronisch abstimmen. Überraschend am Ergebnis war nicht, dass genau die Hälfte ihre Mitverantwortung für die Misere mit einem zweckoptimistischen „Ja“ übertünchten.
Überraschend für
Dortmunder Verhältnisse war, dass die nachfolgenden drei wissenschaftlichen
Vorträge den Zweckoptimismus eindeutig Lügen straften. Denn immerhin, zum
erstenmal seit der Erfindung des – inzwischen sanft entschlafenen –
„dortmund-projects“ vor fünfzehn Jahren präsentierte die Stadtspitze ein
ungeschöntes Bild der Misere am Dortmunder Arbeitsmarkt infolge des
„Strukturwandels“.
Da wurde das muntere
„Wir schaffen es, wenn wir nur an ein paar Stellschrauben drehen (vor allem
Bildung, Bildung, Bildung!)“ mit der Tatsache konfrontiert, dass in den letzten
fünf Jahren die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich zugenommen hat: um 2.000 auf
über 18.000, und damit heute fast wieder das Niveau vor Schröders Agenda erreicht
(2004: 20.000) – obwohl die Stellschrauben alle seit Jahren bekannt und
verfügbar waren. Konfrontiert wurde das „Kurshalten, der erste Arbeitsmarkt
wird’s schon richten“ mit der nüchternen Bilanz, dass Stellschrauben wie
soziale Kompetenz, Teilhabe, Wertschätzung des Menschen vom Markt nicht einmal
als Restgrößen gewürdigt werden. Der Appell an die Arbeitgeber – „aber die
brauchen Anreize!“ – wurde konfrontiert mit der Analyse, dass die allermeisten
Langzeitarbeitslosen von heute keinerlei Chance haben, den
Qualifikationsanforderungen der Unternehmen zu genügen, und morgen noch weniger
Einfacharbeitsplätze gebraucht werden. Dass die Lücke zwischen notwendiger,
umfassender Qualifizierung („Coaching“ jedes einzelnen Arbeitslosen) und den dafür
bereitgestellten Mitteln sich weiter vergrößern wird.
Es überraschte dann
auch nicht, dass, sondern w-i-e die Diskussion sich zuspitzte und festbiss am
staatlich und kommunal finanzierten „Integrationsarbeitsmarkt“. Während die
Arbeitgeberlobby, einschließlich Chefin der Dortmunder Arbeitsagentur(!), ein
trotziges Rückzugsgefecht lieferte um Zusätzlichkeit und gegen Dauerhaftigkeit
von öffentlich subventionierten Jobs, warb vor allem der ARGE-Geschäftsführer
offensiv und engagiert, den gemeinnützigen Sektor ebenso selbstverständlich zu
subventionieren wie die Landwirtschaft und die Kohle („die auch niemand als 2.,
3. oder 4. Arbeitsmarkt bezeichnen würde“).
Mein Fazit dieser
ersten Dortmunder Arbeitsmarktkonferenz: Einige maßgebliche Leute beginnen zu
erkennen, dass das Weiter-so nicht mehr geht, und nähern sich dem an, was die
LINKE seit Jahr und Tag fordert. Unser zähes Bohren dicker Bretter wirkt. Die
Marktfetischisten sind noch stark, sie stellen in Dortmund noch die Hälfte der
„Entscheider“, aber sie scheinen an Boden zu verlieren.
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