Mittwoch, 24. April 2013

Europa auf der Kippe


Viele Menschen spüren es, durch die Nebelwand der Sprachregelungen hindurch. Wir treiben auf eine historische Entscheidung zu.
-              Entweder Europa wächst zusammen, so wie es heute nur noch zusammenwachsen kann: Indem es die Reste der mediterranen Lebensart abwickelt (vielmehr ein großes Musical der Tourismusindustrie daraus macht), indem es die Südländer „auf Vordermann“ bringt. Auf die neuen DIN-Maße der Verwertbarkeit, auf Hartz-IV-Format normalisiert. Ein neues Kolonialreich der Finanzmacht, unfrei, autokratisch, zwangsvereinigt im Massenelend, darin deutsche Beamte als Besatzungsbürokratie. (Ohne die willige Mitarbeit der Deutschen funktioniert das nämlich nicht.)

-              Oder die Völker widerstehen den Troika-Diktaten aus Berlin und Frankfurt, kehren dem preußischen Europa den Rücken und eröffnen sich neue Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Demokratie, vielleicht sogar des sozialen Ausgleichs.

So oder so stehen wir an einer Zeitenwende. Auf der Kippe steht der Status quo. Wie bisher geht es nicht weiter. Es spitzt sich auf die Frage zu, wer die Oberhand gewinnt, wer Europa beherrschen wird. Das Finanzkapital mithilfe deutscher Politik – oder die Völker?

Macht hält sich nie lange auf der Kippe, im labilen Gleichgewicht. Macht drängt zum Entweder-oder. Spätere Historiker werden erforschen, wo und wann der Kipppunkt eintrat, ob in Zypern, Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich…

Noch wissen wir es nicht, in welche Richtung Europa kippt. Noch können wir wählen, auf welche Seite wir uns stellen. Ich fürchte, die meisten Deutschen würden wieder den Job der Besatzungstruppe wählen.

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