Dienstag, 26. September 2017

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Dortmunds Oberbürgermeister (SPD) empfiehlt „Weiter so!“

Dem Dortmunder OB Sierau verdarb der Erdrutschverlust der SPD in ihrer einstigen „Herzkammer“ Dortmund (minus 8,2 %) nicht die Sonntagsruhe. Den Ruhr-Nachrichten gab er zu Protokoll: „Für Dortmund bedeutet das erst mal gar nichts. Der Rat besteht drei Jahre weiter, wie er ist.“

Seit Gerhard Schröders Kanzlerwahl (1998) ist die SPD am Ort von 56,7 % auf 31,3 % geschrumpft, bei 10 von 13 Wahlen in dieser Zeit zum Bundestag, Landtag und Stadtrat (mit drei Ausnahmen 2012/2013) verlor sie hier 75.000 Wähler-innen. Das lässt einen Apparatschik kalt. Solange er noch über die stärkste Fraktion gebietet – die Mehrheit der Bevölkerung hat er schon lange nicht mehr hinter sich – macht er „weiter so“. Wer so blind ins Verderben rennt und das ihm anvertraute Gemeinwesen auf den Hund bringt, gehörte eigentlich wegen erwiesener Unfähigkeit sofort abgesetzt.

Doch auch Sierau wird bald merken, dass das Ergebnis vom 24.09.2017 die Kommunen noch schlimmer belasten wird als die GroKo. Zum Beispiel kann die Noch-Arbeitsministerin Andrea Nahles den von Dortmund aus geforderten Kommunalen Arbeitsmarkt-Fonds noch viel schwerer aus der Opposition heraus gegen Schäuble u.Co durchsetzen als in der Regierung.

Aber dafür darf sie bald als Oppositionssprecherin lautstark all die soziale Gerechtigkeit fordern, mit der nach der GroKo auch Jamaika die Reichen im Land verschont. Sonnenklar ist, dass die SPD, um sich in der Opposition zu erholen, nur bei ihren potentiellen Bündnispartnern wildern kann, bei der LINKEN und den Grünen. Indem sie mit super-sozialen Sprüchen von ihrer asozialen Agenda-2010-Politik ablenkt, wird sie versuchen, die zur LINKEN und den Grünen abgewanderten Wähler-innen wieder zurück zu holen. Allein bei dieser Wahl waren das bundesweit über 800.000.

Es spricht allerdings viel dafür, dass die Grünen sich beim Krötenschlucken an der Seite von Merkel, Seehofer und Lindner verschlucken und in vier Jahren als Kleinpartei um den Wiedereinzug ins Parlament bangen müssen. Sollten sie sich jedoch nicht an der Regierungsbeteiligung selbst zerlegen, dürften sie diese auch 2021 fortsetzen wollen.

Das sind keine guten Aussichten für einen baldigen Politikwechsel zu R2G. Bei dieser Wahl standen einer rechten Parteien-Mehrheit mit zwei Dritteln der Wählerstimmen (unter Einschluss der AfD) nur SPD und LINKE mit zusammen etwa 30 % gegenüber. Selbst wenn es gelänge, vor der nächsten Wahl 2021 die SPD und auch die Grünen für einen anti-neoliberalen Politikwechsel zu gewinnen, müsste dies Bündnis den rechten Parteien fast 5 Millionen Stimmen entziehen, um regieren zu können. Es ist schwer vorstellbar, welche außergewöhnlichen Ereignisse in Europa und der Welt eine solche Wechselstimmung erzeugen könnten – statt die Wähler-innen noch weiter nach rechts zu treiben.

Somit bleibt der LINKEN als vorerst einzige realistische Option nur die konsequente Opposition auf Grundlage unseres Wahlprogramms. Das schließt Versuche ein, die uns aufgezwungene Konkurrenz mit der SPD durch Absprachen über gemeinsames Vorgehen, dort wo es Schnittmengen gegen die Rechten gibt, aufzubrechen. Aber eben auf Grundlage unseres Wahlprogramms.


Dies sollte auch für LINKE in Länderparlamenten und Landesregierungen gelten. Und es gilt genauso auf der kommunalen Ebene. Eine vorausblickende SPD müsste sich auch hier aus der Umklammerung der Neoliberalen in einer informellen GroKo befreien und zu sozialdemokratischer Politik zurück finden. Wir sollten alle Schnittmengen mit unserer Programmatik nutzen, um sie dabei zu unterstützen.

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