Neulich bei attac Dortmund (17.02.14) sprach ich vor 50 Gästen zum Thema. Hier der erste Teil meines
Vortrags:
Armut ist kein gottgewolltes
Schicksal, dem der Mensch sich in Demut fügen müßte – sondern: Armut wird von Menschen erzeugt. Die
Verarmung ganzer Gesellschaftsschichten ist die Kehrseite und Bedingung zur Anhäufung
unvorstellbarer Reichtümer an der Spitze der Gesellschaft.
In unserer kapitalistischen
Gesellschaft ist der wichtigste Hebel zur Reichtumsproduktion, daß die
Einkommensverteilung vom privaten Gewinninteresse der „Investoren“ /
Kapitaleigner diktiert wird. Und zwar einschließlich der breiten Masse der Arbeitseinkommen. Dazu gehört die unternehmerische
Entscheidung, wer arbeiten darf und wer nicht.
Dortmund hat seit der
Bergbaukrise der 70’er Jahre und der 10 Jahre danach einsetzenden, bis heute
anhaltenden Krise der Stahlindustrie, schließlich der Brauereien rund 80.000 industrielle Arbeitsplätze verloren;
im Dienstleistungssektor aber nur 40.000
neue Jobs gewonnen. Dazwischen klafft die Beschäftigungslücke, die seit 30 Jahren etwa gleichbleibend 40-50.000
Einwohner der Stadt von Erwerbsarbeit ausschließt.
Und selbst die neuen
Dienstleistungsjobs treiben die Verarmung sogar weiter an, denn diese Branchen
sind es vor allem, die Dortmund zur „heimlichen
Hauptstadt der prekären Beschäftigung“ gemacht haben, der Niedriglöhner und
Aufstocker in Leiharbeit, Teilzeit, Minijobs, Praktika, Aushilfen, Existenzgründer
usw.
Das mußte durchaus nicht so sein.
Ab 1999, als Dr. Langemeyer Oberbürgermeister
von Dortmund wurde, hat die Stadtspitze diesen „Strukturwandel“ mit Hunderten Millionen € subventioniert. Unter
Federführung der Unternehmensberatung McKinsey setzte Langemeyers „Dortmund-Project“ zunächst auf drei angebliche „Zukunftsbranchen“
(Informatik, Logistik und Mikrosysteme), die alle nicht dazu taugen, die Masse
der Erwerbslosen wieder in Arbeit zu bringen. Zur Halbzeit des DoPro (2005) war
seine Beschäftigungsbilanz dermaßen lachhaft hinter den Versprechungen zurück
geblieben, daß die Förderung auf acht Branchen erweitert wurde – in denen
(außer wenigen hoch bezahlten Spezialisten) nur noch mehr prekäre Jobs entstanden,
von denen niemand menschenwürdig leben kann.
Im Gegenzug strich
die Stadtspitze gemeinsam mit der Arbeitsagentur sämtliche Reste einer kommunalen Beschäftigungspolitik außerhalb
des gewinndominierten Arbeitsmarktes auf Null zusammen. 1.800 ABM, die
Dortmunder Dienste (DODI), der Kommunale Arbeitsmarktfonds (KAF),
Arbeit-statt-Sozialhilfe (ASS), DOGELA, alles das fiel der neoliberalen
Marktreligion zum Opfer. Zwar hatten diese Maßnahmen auch in ihren besten Tagen
kaum mehr als 3.000 Erwerbslose von der Straße geholt, aber immerhin war
Kommunalpolitik vor Langemeyers Amtszeit sich noch ihrer Mitverantwortung für
den Arbeitsmarkt bewußt. – Seit der Agenda 2010 (ab 2005) gibt es stattdessen
in Dortmund nur noch 2.000 „1-€-Jobs“ und 400 Arbeitsgelegenheiten in der
Entgeltvariante, heute „Bürgerarbeit“ (die in 2014 ausläuft).
Ergebnis: Bei ca. 300.000 Erwerbstätigen (einschließlich
Selbständigen, Beamten, mithelfenden Familienangehörigen usw.) fehlen zur Vollbeschäftigung
heute in Dortmund 80- bis 100.000 Vollzeitarbeitsplätze zu existenzsichernden Löhnen.
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