Die Eurogruppe ist drauf und dran, die ganze Europäische Union mit sich in den Strudel zu reißen. Die europäische Linke muss daraus richtige Schlüsse ziehen.
Ein zentrales, weit verbreitetes und schwerwiegendes
Argument, um die europäische Integration als historischen Fortschritt gegenüber
dem in Nationalstaaten zersplitterten Europa zu verteidigen, war und ist, dass
sie Kriege zwischen EU-Mitgliedern faktisch ausschließt.
Indessen sind Militäreinsätze nicht die einzige Methode,
Nachbarländer politisch zu unterwerfen und wirtschaftlich auszuplündern - nicht
einmal die einzige Methode des Massenmords. Am Konflikt um Griechenland zeigt
sich, dass die Währungsunion die Konkurrenz unter ihren Mitgliedstaaten
mitnichten aufgehoben hat, sondern im Gegenteil auf eine zerstörerische, ja
buchstäblich mörderische Spitze treibt. Dem Gutgläubigsten muss jetzt aufgehen,
dass diese Währungsunion von Grund auf, in allen ihren Mechanismen und
Prozeduren - übrigens erklärtermaßen - den "Wettbewerb" verschärft
bis zur politischen Entrechtung und wirtschaftlichen Zerstörung der nicht so
leistungsfähigen Konkurrenten durch die dominierende Gruppe unter deutscher
Führung. Manche nennen das Wirtschaftskrieg.
Jedenfalls, wie sich seit der Griechenlandkrise bis in die
bürgerlichen Medien herumspricht, kann diese Währungsunion die Hoffnungen ihrer
wohlmeinenden Anhänger nicht erfüllen. So wie sie jetzt wirkt, muss sie
scheitern.
Eine "Flucht nach vorn" ist der Linken nicht
möglich. Reformieren ließen sich die Eurogruppe und die EZB nur durch
einstimmigen Beschluss, und wie das griechische Beispiel lehrt, würden
Deutschland und einige weitere Länder Reformen nur zustimmen, wenn diese nicht
mehr Demokratie und mehr sozialen Ausgleich brächten, sondern noch mehr
autoritäre Herrschaft der Finanzoligarchie über die Euro-Nationen. Um das
Euroregime demokratisch und sozial zu gestalten, müsste nicht nur in anderen
Euroländern, sondern vor allem in Deutschland die Linke die Regierung
übernehmen. Und wie wir an Griechenland sahen, kann linke Politik nur gegen die
Diktatur der Eurogruppe und der EZB gewinnen, aber nicht zu
Schäuble-Gabriel-Draghi's Bedingungen.
In der EU als ganzer haben die meisten Mitgliedsländer sich
vertraglich gebunden, Zug um Zug dieser Währungsunion beizutreten. Scheitert
der Euro, so droht sein Scheitern die ganze EU zu zerstören. Wie immer man die
Aussichten auf eine Linksregierung in Deutschland sowie auf eine Reformierbarkeit
der EU als ganzer einschätzen mag: Befreit sie sich nicht vom Desaster dieser
Währungseinheit, so wird sie mit dieser untergehen.
Die Linke muss folglich vom Euro abrücken.
Natürlich gibt es Alternativen zum Euro, wie er uns jetzt
aufgezwungen ist. Doch sofort warnen wohlmeinende Freunde, auch auf der Linken,
vor den verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer Aufgabe dieser
Währung. Natürlich haben sie Recht mit den Warnungen. Tatsächlich steht nicht
nur die Linke, sondern die ganze Gesellschaft vor der Frage: Wollen wir
vermeiden, dass unser Wohlstand je, auch nur vorübergehend, zu keiner
historischen Sekunde das heutige Niveau unterschreitet? Dann und nur dann hätte
Merkel Recht mit ihrer Behauptung, es gebe keine Alternative, weder zum Euro
noch zu sonst irgend etwas von Bedeutung. Dann allerdings wäre nicht nur der
Euro alternativlos, sondern die ganze Wachstumsgesellschaft; dann hätten die
Grünen recht getan, ihre früheren Ideale aufzugeben; dann wäre überhaupt der
heutige Kapitalismus unüberwindlich; die Kämpfe um eine mögliche "andere
Welt" würden uns unweigerlich für einen historischen Moment des Übergangs
hohe wirtschaftliche und soziale Kosten aufladen; also Finger weg von jeder
einschneidenden Veränderung! Linke,
vergesst euch, "TINA!"
Wollen wir das?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen