Sogar konservative Medien beklagen den inhaltsleeren Werbetexterwahlkampf der Kanzlerin: „Gemeinsam erfolgreich“ – zum Verwechseln austauschbar mit dem der SPD: „Auf das WIR kommt es an.“ Doch auf den unteren Rängen, in Rathäusern, Bürgerversammlungen, IHK-Empfängen und Pressefrühstücken reden Lokalpolitiker schon lange so nichtssagend über die Probleme hinweg.
Beispiel Dortmund. Jetzt hat das Statistische Bundesamt
unter den größten deutschen Städten den Dortmunder-innen das höchste Armutsrisiko
bescheinigt. 26,4 % der Menschen leben hier an und unter der Armutsschwelle,
also von weniger als 869 € im Monat (2012; seit Schröder-Fischers Hartzreform
2005 ein Plus von 8 Prozentpunkten). Und das korrespondiert mit der höchsten
Quote der Langzeitarbeitslosen und dem höchsten Anteil prekärer Jobs zu
Niedriglöhnen in ganz NRW.
Doch OB Sierau, statt zu untersuchen, welche Mitschuld seine
Amtsführung daran trägt, hat eine Werbefirma mit einem neuen „Kommunikationskonzept“
beauftragt. Leitmotiv: „Dortmund überrascht. Dich.“ Zustimmender Kommentar eines
Unternehmenslenkers (DEW21-Geschäftsführer): „Dortmund ist eine Siegerstadt.“ Jau,
das passt zu den statistischen Befunden wie die Faust aufs Auge. So zynisch reden
Leute daher, die reich sind, weil Andere arm sind.
Über die kritischen Zahlen setzte sich der OB mit einem
Trick hinweg: Eine arme Person habe wegen der niedrigeren Wohn- und Lebenshaltungskosten
in Dortmund möglicherweise ein besseres Auskommen als ein Münchner oberhalb der
Armutsgrenze. Was will er uns damit sagen? Entweder: Arme Münchner sind noch ärmer
dran als arme Dortmunder – was diesen nicht die Bohne weiter hilft. Oder: Ein Dortmunder
mit 869 € im Monat ist gar nicht arm. Mit demselben Taschenspielertrick könnte
er uns auch beweisen, dass Essen und Trinken arm macht und Raucher ärmer sind
als Nichtraucher.
Jedenfalls beweist er uns damit, dass er keinen blassen
Schimmer hat, wie in der Marktwirtschaft Einkommen, Preise und Gewinne
zusammenhängen – oder er verarscht sein Publikum bewußt. Denn sonst hätte er
erklären müssen, warum in Dortmund zum Beispiel Wohnraum billiger vermietet wird
als in München: Nicht weil hier die Vermieter nettere Menschen sind, sondern
weil Einkommen und Kaufkraft hier niedriger und die Zahl der Armen so hoch sind
wie in keiner anderen deutschen Großstadt.
Aber soweit zu denken gehört nicht zum Management der Macht,
das sich als Politik ausgibt. Dafür reicht das Denken der Werbetexter: „Die
Leute wollen, dass es ihnen gut geht. Also sag‘ es ihnen.“
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